Wie viel hat der "Islamische Staat" (IS) mit dem Islam zu tun, und wenn nichts - wie die allermeisten Muslime meinen -, ist dann ein islamisches Symbol, dessen sich die IS bedient, noch islamisch, wenn es ganz klar im Kontext der IS steht? Vor diesem Dilemma stehen besonders in islamisch geprägten Ländern die Teilnehmer einer neuen "Challenge" - wie das auch auf Neudeutsch heißt -, die angeblich an Popularität den "Ice Water Bucket" ablöst (um den es nicht schade sein dürfte).

Statt sich für die gute Sache mit einem Kübel Eiswasser zu übergießen, verbrennen die Menschen nun also die Fahne des "Islamischen Staats", dokumentieren und veröffentlichen ihren Akt und fordern andere auf, es ihnen gleichzutun. Auf der Fahne steht, in kunstloser alter arabischer Schrift gehalten - der runde Teil ist vom sogenannten "Siegel Muhammads" abgekupfert -, das islamische Glaubensbekenntnis (Schahada). Die altertümelnde Aufmachung soll dem Ganzen natürlich Authentizität verleihen: Wir haben "the real thing", nicht die durch die Geschichte korrumpierten Versionen.

Die Initiative kommt aus dem Libanon, wo bereits zwei (schiitische) Soldaten von der IS enthauptet wurden. Der (sunnitische) Justizminister Ashraf Rifi ordnete jedoch eine Untersuchung an, ob es sich beim Verbrennen dieses Textes, mit dem man zum Muslim wird, nicht um ein Verhetzungsdelikt handle. Eine schwierige "Challenge" fürwahr. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 10.9.2014)