Wien - Hoch oben am Dach des Library & Learning Centers der Wirtschaftsuni steht ein Mann in für Höhenängstliche undenkbarer Position und fantasiert über Europa. Er darf es tun, nachdem Anrainer durch Feuerwehr und Rettung klären ließen, dass kein Suicid bevorsteht. Tatsächlich ging es nicht um die tragische Lösung persönlicher Probleme, vielmehr um urbo kune, ein Projekt von f.e.a.-forum experimentelle Architektur, Netzzeit und Klangforum Wien.

urbo kune heißt auf Esperanto "gemeinsame Stadt", und um deren Errichtung mit künstlerischen Mitteln geht es in mehreren Stufen, in elf Konstellationen und Intermezzi an wechselnden Orten (bis zum Finale am 20. Juni 2015). Jeder Bautermin versteht sich als "symposionistische Zusammenkunft und Recherchetreffen". Alles sehr entspannt beim nun vierten Teil: Im Atrium lässt man sich auf Stühlen oder Matten nieder oder wandert herum, um ein Gesamtkunstwerk aus Theater, Konzert und Vortrag zu erleben. Der Manager des Klangforums spielt Schach oder hält einen witzig-umständlichen Vortrag über die "Urbanistische Oper". Das Klangforum präsentiert sich in gewohnter Qualität - sei es, dass Mats Gustavsson Fanfare uraufgeführt oder Wolfgang Mitterers Scan dynamisch umgesetzt wird.

Es sprechen auch EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek oder Karl-Heinz Slabschi (über neue Formen der Ökonomie). Oder Sängerin Sarah Maria Sun erweckt Georges Aperghis' Recitation Nr. 11 als intensive, kleine Minioper emotionaler Befindlichkeit. Tolle städtebauliche Maßnahmen. (tos, DER STANDARD, 9.9.2014)