Shota Mori, einer der "Future Innovators", bei der Ars.

Foto: Voggeneder

Dass die Frage nach Veränderung weder exakt noch rasch beantwortet werden kann, darauf wiesen die künstlerischen Direktoren der Ars, Gerfried Stocker und Christine Schöpf, anlässlich der Prix Gala selbst hin. Niemand könne erwarten, in wenigen Tagen Antworten zu erhalten, dazu sei ein Festival nicht da, hieß es.

Räumliche Veränderung

Wohl aber, um Anstöße zu geben. Um dies zu verdeutlichen, hat sich die Ars heuer räumlich verändert. Das aber ist nicht neu - schon 2007 übersiedelte man mit "Goodbye Privacy" in die Innenstadt. Als einmaliger Event war er nicht dazu angetan, Veränderung umzusetzen. Das gilt auch für das Konzept, die Konferenzen an unterschiedlichen Orten öffentlich zu machen. Eine schöne Idee (paradoxerweise braucht es dazu u. a. eine Bank als privaten Raumgeber anstelle des bislang genutzten Brucknerhauses), auch wenn manche Räume selbst für Festivalgäste nur schwer zu erreichen waren: etwa die Schalterhalle der Bank nur über ein Einkaufscenter und nicht über den Haupteingang.

Eher also halböffentlich präsentierten "Future Innovators" (junge Kunstschaffende, Wissenschafter, Unternehmer) die Ergebnisse aus zweitägigen Workshops: eine Gruppe möchte mittels einer "Bold Academy" und einer App die Menschen wagemutiger, sozialer und verantwortungsvoller machen. Eine andere Gruppe fragte danach, was Menschen stimulieren könnte, mehr lernen zu wollen und Wissen auszutauschen.

Ideen, die vom Zugang zu digitalen Medien, Stromversorgung und einer schulischen Grundausbildung abhängig sind. Sie sind deshalb nur schlecht als Veränderungsimpulse für Menschen in sogenannten Schwellenländern geeignet. Darauf machte auch Bunker Roy als Konferenz-Redner aufmerksam.

Bunker Roy

Der Inder gründete in den 1970er-Jahren sein "Barefoot College" und bildet u. a. mittellose, analphabetische Frauen zu Solar-Ingenieurinnen aus. "Ich habe eine Aufgabe", richtete er sich im Rahmen einer Diskussion an die anwesenden "Future Innovators", "designen Sie doch ein Pad, das nicht auf dem Alphabet basiert, sondern auf Symbolen und Bildern. Wir haben 600 Frauen in 65 Ländern zu Solar-Ingenieurinnen ausgebildet, die miteinander kommunizieren wollen. Ein Pad, das es analphabetischen Menschen ermöglicht, sich zu vernetzen, wäre eine echte Veränderung."

Roy legte damit unbewusst den Finger in eine Wunde dieser Ars Electronica: So stolz man heuer auf die vielen internationalen Kooperationen verwies, so wenig fokussierte man auf ein gemeinsames semantisches Konzept hinsichtlich der interkulturellen Bedeutung von Veränderung. Zwischen der neuesten App und dem Zugang zu Trinkwasser allerdings besteht ein Deutungsraum, der durch räumliche Veränderung und internationale Partner allein nicht ausreichend erkundet werden kann. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 8.9.2014)