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Ein kurdischer Kämpfer hält Ausschau.

Foto: AP Photo/ Marko Drobnjakovic

Bagdad/Mossul - Kurdische Kämpfer haben im Nordirak einen strategisch wichtigen Berg von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zurückerobert. Nach Angaben eines BBC-Korrespondenten vom Samstag starben bei dem Gefecht mehr als 30 IS-Kämpfer. Die Kurden hätten US-Luftunterstützung gehabt. Die US-Hilfe bedeute schon einen "großen Unterschied", erklärten die Kurden.

Der Kommandant der Eliteeinheit sagte dem Sender, der Erfolg sei wichtig, weil er ein Schritt zur Rückeroberung von Mossul sei. Die Stadt war vor Monaten von der Terrormiliz eingenommen worden.

Das US-Zentralkommando in Tampa (US-Bundesstaat Florida) teilte am Samstag mit, in den vergangenen zwei Tagen sei die Terrormiliz erneut mit Kampfflugzeugen und Drohnen attackiert worden. Es seien mehrere Fahrzeuge zerstört und andere beschädigt worden. Insgesamt seien von den USA bisher 133 Angriffe geflogen worden.

Nach Angaben eines amerikanischen Militärvertreters hat die US-Luftwaffe auch am Sonntag Stellungen des "Islamischer Staats" nahe dem Haditha-Staudamm im Nordirak unter Beschuss genommen. Die Extremisten sollten daran gehindert werden, die Kontrolle über Iraks zweitgrößtes Wasserkraftwerk zu erlangen. Die unabhängige irakische Nachrichtenseite Al-Sumaria News bestätigte die US-Angriffe unter Berufung auf lokale Sicherheitskräfte.

Kerry spricht mit al-Arabi

US-Präsident Barack Obama hatte angekündigt, die IS-Miliz wie die Extremistenorganisation Al-Kaida zu jagen, und für ein internationales Bündnis zur Bekämpfung der Gruppe geworben. Zu dem Zweck hat US-Außenminister John Kerry mit dem Chef der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, gesprochen. Kerry und Arabi hätten die "Notwendigkeit" einer "starken Haltung der Arabischen Liga und ihrer Mitglieder in der im Entstehen begriffenen Koalition" gegen die IS-Miliz diskutiert, sagte ein ranghoher US-Außenministeriumsvertreter am Samstag.

Beide Politiker betonten demnach die Bedeutung eines "entschiedenen" Eingreifens, um den Zustrom ausländischer Kämpfer zur IS-Miliz, dessen Finanzierungsquellen und dessen Agitation und Anwerbung zu stoppen. Der internationale Kampf gegen IS müsse vornehmlich im Irak geführt werden, dort verlaufe die "Frontlinie" gegen die Jihadisten.

Eine Zusammenarbeit mit den USA gegen die IS-Jihadisten will aber auch der Iran nicht ausschließen. Außenminister Mohammed Jawad Zarif bezeichnete die IS-Miliz als eine Gefahr für den gesamten Nahen Osten. "Das ist eine äußerst gefährliche Gruppe, die heute ihr Unwesen in Syrien und Irak treibt, morgen aber vielleicht in der ganzen Region", sagte Zarif am Sonntag in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehen.

Der Iran habe entsprechende Warnungen während der Syrien-Krise ausgegeben, die aber insbesondere von den USA ignoriert worden seien, sagte Zarif. Die Amerikaner hätten die von der IS-Miliz ausgehende Gefahr falsch eingeschätzt. Zarif halte nun eine umfassende internationale Aktion gegen die Terrormiliz für die effektivste Option.

Kosmopolit ruft zum Handeln auf

Die Ausbreitung des IS-Einflussbereichs führte zuletzt dazu, dass nicht mehr nur Flüchtlinge aus Syrien, sondern auch immer mehr Menschen aus dem Nordirak Zuflucht im Libanon suchen. Darunter seien zahlreiche Christen, die ihre Heimat vor dem Terror der Milizen verlassen hätten, sagte der syrisch-orthodoxe Metropolit Theophilos (Georges Saliba) am Sonntag laut Kathpress zur deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur.

Metropolit Theophilos (69) leitet die Erzdiözese Tur Lebnon im Libanon. Seinen Angaben zufolge sind seit Beginn der IS-Expansion im Nordirak allein 150 syrisch-orthodoxe Familien in den Libanon geflohen. Täglich kämen weitere Menschen hinzu. Die Kirchen im Libanon seien durch die neuen Flüchtlingsströme an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gelangt. "Unsere Einrichtungen sind voll, unsere Möglichkeiten begrenzt." Der Metropolit rief die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf: "Europa und Amerika müssen die IS-Milizen davon abhalten, Christen zu töten und Menschen zu verfolgen."

"Abscheulich und feige"

Unterdessen verurteilte der UNO-Sicherheitsrat die "abscheuliche und feige" Ermordung des Journalisten Steven Sotloff durch die Terroristen. Das Verbrechen zeige, welchen täglichen Gefahren Journalisten in der Region ausgesetzt seien, und stelle erneut die Brutalität der IS-Kämpfer unter Beweis. Die Terrormiliz müsse besiegt werden, forderte nach Angaben der Vereinten Nationen vom Samstag in New York der Sicherheitsrat. Sotloff war von IS-Kämpfern in Syrien entführt und enthauptet worden.

Die libanesische Armee prüft derzeit Fotos, die angeblich die Enthauptung eines ihrer Soldaten zeigen. "Die Armee hat diese Bilder erhalten, aber wir können nicht bestätigen, ob sie echt sind", sagte ein Militärvertreter am Samstag. Im Kurznachrichtendienst Twitter wurde ein Foto veröffentlicht, auf dem ein maskierter Mann den abgeschnittenen Kopf eines anderen Mannes über dessen Körper hält. Der Leichnam liegt in einer Blutlache, dahinter hält ein weiterer Mann die schwarze Fahne des IS.

In einem am Freitag im Internet aufgetauchten Video der Jihadisten vom Flughafen Al-Tabqa in der Provinz Raqqa sind mehrere Jets zu sehen. Die Bilder zeigen, wie IS-Kämpfer auf einer Maschine herumklettern. Ob die Flugzeuge noch einsatzbereit sind, ist unklar. Die Beobachtungsstelle hatte nach der Eroberung des Flughafens berichtet, die syrische Armee habe alle Jets in Sicherheit bringen können.

Deutsche in Gewahrsam

Einem aktuellen Bericht zufolge soll die IS-Miliz auch zwei Deutsche in ihrer Gewalt halten. Bei den Geiseln handle es sich laut Sicherheitsbehörden um frühere Salafisten, die geschockt durch die Gräueltaten der IS-Kämpfer nach Deutschland zurückkehren wollten, berichtet das Magazin "Focus" in seiner neuen Ausgabe.

Die Deutschen sollen demnach zusammen mit fünf Briten, drei Franzosen und zwei Belgiern in einem Foltergefängnis in der syrischen Stadt Raqqa festgehalten werden. Weitere Häftlinge stammen dem Bericht zufolge aus arabischen und asiatischen Ländern. In den Augen der IS-Miliz gelten sie laut "Focus" als Verräter, die den Tod verdient hätten. (APA/red, derStandard.at, 7.9.2014)