Bild nicht mehr verfügbar.

Wo spielt die Musik? Aktivisten bei einem G-7-Gipfel in Brüssel. In den USA hat die Vermögenskonzentration zuletzt weiter zugenommen.

Foto: reuters/lenoir

Dass die Gesellschaft in den USA tief gespalten ist, zeigen nicht nur immer wieder Statistiken über Bildung und Aufstiegschancen. Neue Zahlen der Notenbank Fed verdeutlichen, wie wenig ärmere Haushalte und vor allem Schwarze und Latinos von der in Schwung kommenden Konjunktur-Lok profitieren.

Obwohl die US-Wirtschaft wieder stärker wächst und die Arbeitslosenrate hinunterpurzelt, sind in den vergangenen drei Jahren im Schnitt nur die Einkommen von Weißen gestiegen. Das durchschnittliche Einkommen von Weißen vor Steuern und Sozialleistungen ist um acht Prozent gewachsen, während die Einkommen aller anderen Schichten im Schnitt um elf Prozent gefallen sind.

Krisenverlierer

Das erklärt sich teilweise damit, dass Weiße eher Einkommen aus Dividenden und Zinsen beziehen. Darum ist ihr Einkommen in den ersten Krisenjahren auch deutlich stärker eingebrochen. Schwarze und Latinos sind hingegen viel eher von Arbeitslosigkeit betroffen, spüren die Krise also erst nach und nach, wenn Unternehmen Stellen abbauen. In Summe sind Schwarze und Latinos aber viel stärker von der Krise getroffen worden.

Ihr Familieneinkommen vor Steuern und Transfers liegt fast 15 Prozent unter dem Niveau von 2007. Weißen Familien fehlen im Schnitt vier Prozent. Harvard-Ökonom Ronald Fryer sieht dabei aber nicht nur die Krise wirken. "Es geht auch um zwei andere Dinge", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Weiße hätten im Schnitt bessere Abschlüsse von besseren Schulen. Ebenso wichtig sei Diskriminierung. Schwarze würden in den USA selbst dann weniger verdienen, wenn sie dieselbe Ausbildung, Erfahrung und Fähigkeiten hätten.

Die Zahlen der Fed beruhen auf einer komplexen Befragung von über 6.000 Haushalten, deren Ergebnisse im Drei-Jahres-Takt veröffentlicht werden. Definiert sich das Familienmitglied, das den Fragebogen ausfüllt, als „weiß“, dann gilt die gesamte Familie in der Statistik als weiß. Weil es in den USA sehr viele Ein-Personen-Haushalte gibt und gemischte Ehen eher selten sind, wird das von Statistikern als unproblematisch gesehen.

Ungleichheit steigt

Über alle Bevölkerungsgruppen hinweg nimmt darüber hinaus die Ungleichheit weiter zu. Bricht man die US-Bevölkerung auf 100 Familien herunter, hatte eine Familie genau in der Mitte der Verteilung 2013 in etwa so ein hohes Markteinkommen wie 1995. Die gesamten Einkommen sind in der Periode aber um über 28 Prozent gewachsen. Davon hat aber nur die obere Hälfte der Verteilung profitiert.

Dieser Trend zeigt sich auch in den vergangenen drei Jahren, wie die neuen Fed-Zahlen belegen. Die oberen drei Prozent konnten ihren Anteil an den Einkommen wieder kräftig ausbauen. Die nächsten sieben Prozent stagnieren und die anderen 90 Prozent verlieren relativ gesehen. Am deutlichsten sind die Verluste ganz unten. Die untersten 20 Prozent haben acht Prozent, die nächsten 20 Prozent im Schnitt sechs Prozent verloren.

Die Fed, die mit ihren Haushaltsbefragungen als einer der wichtigsten Datenquellen für die Debatte um die Verteilung von Einkommen und Vermögen gilt, betont aber: Die Einkommen konzentrieren sich nicht beim oberen Prozent, wie das oft behauptet wird. Der bessere Maßstab seien die oberen drei Prozent.

Proteste rund um die Occupy-Wall-Street-Bewegung machten mit dem Slogan „We are the 99%“ Schlagzeilen. Auch Ökonomen messen die Ungleichheit in den USA gerne am obersten Prozent.

Während die obersten drei Prozent bei den Einkommen noch nicht ganz auf Vorkrisen-Niveau sind, ist die Ungleichheit bei den Vermögen schon wieder höher als vor dem Platzen der Immo-Blase. Die obersten drei Prozent stehen bei 54,4 Prozent, vor der Krise waren es 51,8 Prozent. (Andreas Sator, DER STANDARD, 8.9.2014)