"I See a Face. Do You See a Face", heißt sowohl die Fotoserie von 2014 als auch die Ausstellung der in Prishtina, München und Wien lebenden Künstlerin Flaka Haliti.

Foto: Flaka Haliti / mumok

Wien - Mit den Worten "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten" nahm eine der bekanntesten Teilungen der Welt ihren brisanten Verlauf: die in Ost- und West-Berlin. Ob absichtlich oder nicht: Menschen errichten andauernd Mauern, ersuchen immer wieder Mittel zur Ausgrenzung - und Wege, Trennung zu überwinden. Um dieses Thema dreht sich auch die Mumok-Schau I See a Face. Do You See a Face. der 1982 in Prishtina geborenen Flaka Haliti.

Der deutlichste Verweis auf die Berliner Mauer steht unmittelbar vor den eintretenden Besuchern: lose im Raum verteilte, verkehrt herum stehende Pfeiler, die die Decke zu stützen scheinen. Wo man auch steht, diese fünf Pfeiler schränken das Blickfeld ein. Sie mögen (Sicht-)Schutz bieten - doch sie beschränken auch den Horizont. Zudem stellt sich eine bange Frage: Garantieren die Skulpturen erhöhte Sicherheit? Oder ist die Decke einsturzgefährdet und bricht über einem zusammen, während man sich noch die Objekte ansieht?

Ebenso eindrucksvoll wie die Pfeiler thematisieren diese Objekte das Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz, Sicherheit und Einschränkung. An der Wand hängen zehn Digitalfotografien von Wolken (I See a Face. Do You See a Face, 2014) auf die Computergrafiken von Gesichtern gelegt wurden. Diese Ansammlungen von Wassertröpfchen, die tatsächlich himmelweit entfernt in der Atmosphäre schweben, werden so zu etwas Vertrautem, beinahe Verwandtem. Ein schönes Sinnbild dafür, wie Menschen Nähe aufbauen können - wenn sie nur wollen.

Zugleich, und diese Uneindeutigkeit erweist sich als Qualität der Arbeiten Halitis, verweisen diese Fotografien auf die Schattenseite: die Übergriffigkeit, in der manch einer sich alles Fremde anverwandelt - statt es in seiner Fremdheit anzuerkennen.

Mit sehr realen Formen von Distanz beschäftigt sich schließlich die Videoinstallation I Miss You, I Miss You, Till I Don't Miss You Anymore (2014): Auf drei Bildschirmen ist die fragmentierte Onlinekommunikation von Paaren in einer Fernbeziehung zu lesen. Eine unpersönliche Computerstimme liest sie vor. Haliti hat die Botschaften mit verschiedenen Farben unterlegt - Rot für Leidenschaft, Grau für Distanz. Nicht nur das Ringen um Überwindung der Trennung wird hier deutlich, sondern auch eine nicht zu füllende Lücke. Es ist die Leerstelle, die eigentlich ein Körper füllen sollte: der einzige Garant für unvermittelte Nähe. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 5.9.2014)