Diese 120 Millionen Jahre alte Ansammlung von Knochen lässt interessante Spekulationen zu.

Foto: University of Pennsylvania

Philadelphia - US-Paläontologen berichten im Fachjournal "Cretaceous Research" von einem Fund in China, der interessante Einblicke in das Leben in der Kreidezeit bietet. Fast noch interessanter ist es allerdings, anhand dieses Funds zu sehen, wie sehr sich das Bild von den Dinosauriern in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat.

Bei dem 120 Millionen Jahre alten Fossil, das aus der Yixian-Formation im Nordosten Chinas stammt, handelt es sich um die Gebeine mehrerer Tiere derselben Spezies: Psittacosaurus lujiatunensis, einem eher kleinwüchsigen Pflanzenfresser von etwa zwei Metern Länge, einem entfernten Verwandten des Triceratops. Es sind die Knochen von 25 Individuen, 24 sehr jungen und einem deutlich älteren.

Das Fundstück

Die Ansammlung von Jungtieren interpretieren die Forscher um Brandon P. Hedrick und Peter Dodson von der University of Pennsylvania als mögliches Gelege. Es ist nicht ganz zweifelsfrei klärbar, ob es sich um Embryos oder bereits geschlüpfte Tiere handelt - das Knochenwachstum und die Abwesenheit von Eierschalenresten deuten aber eher auf Letzteres hin.

Dass die Körper der Tiere weitgehend gleich ausgerichtet sind, werten die Forscher als Hinweis auf die gemeinsame Todesursache: Sie glauben, dass das Nest von einem Schlamm- und Schuttstrom mitgerissen und zugedeckt wurde.

Besonders bemerkenswert ist jedoch der zusammen mit den Jungtieren fossilierte Schädel des einen Exemplars, das mit seinem Alter aus der Reihe tanzt. Der Gedanke an ein brütendes Elterntier liegt nahe - doch dafür war es den Forschern zufolge nicht alt genug. Die Schädelgröße deutet auf ein Alter von vier bis fünf Jahren hin. Psittacosaurier dürften nach bisherigen Erkenntnissen aber erst acht oder neun gewesen sein, als sie sich zum ersten Mal fortpflanzten.

Der Babysitter

Hier warten Dodson und seine Kollegen mit der Idee vom Babysitter auf: Bei verschiedenen heute lebenden Tierarten helfen ältere Geschwister oder andere nahe Verwandte bei der Aufzucht von Jungen mit. Warum sollten also nicht auch Dinosaurier ein solches Verhalten kooperativer Brutpflege gezeigt haben?

Das ist zwar reine Spekulation - alleine schon, dass eine solche Interpretation geäußert wird, zeigt aber, wie ganz anders im Vergleich zu früher Dinosaurier heute wahrgenommen werden. Lange Zeit wurde den "Urzeitreptilien" keinerlei Sozialverhalten respektive die dafür erforderliche Intelligenz zugetraut.

Wandel der Zeit

Bis 1979 im US-Bundesstaat Montana Fossilien gefunden wurden, die eindeutig belegten, dass zumindest manche Dinosaurier soziale Tiere waren und Brutpflege betrieben. Das Tier, das den Geisteswandel auslöste, erhielt als eine von wenigen Dino-Spezies eine weibliche Endung und den Namen Maiasaura: "Gute-Mutter-Saurier".

Ein halbes Jahrhundert zuvor waren einem anderen Elterntier, das sich vergleichbar aufopferungsvoll um seinen Nachwuchs gekümmert hatte und zusammen mit ihm gestorben war, keine solchen Ehren zuteil geworden. Der Theropode, den man zusammen mit einem Nest voller Eier in der Mongolei ausgrub, ließ in den 1920er Jahren keinen Forscher an Brutpflege denken. Das verkannte Tier trägt seitdem den Namen Oviraptor: "Eierdieb". (jdo, derStandard.at, 6. 9. 2014)