"Vergesst die Frauen nicht!", mahnte Dorothee Bär, die Vize-Generalsekretärin der deutschen CSU, ihre Wiener Parteifreunde. Deren neuer Chef Reinhold Mitterlehner will auf sie hören, erwägt gar den Schritt ins Internet.

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Wien - Es gibt Parteien, für die fällt mit dem unerwarteten Ausscheiden ihres Obmanns quasi die Sonne vom Himmel. Nicht so in der ÖVP. Da leuchtete beim Auftakt des Parteireformprozesses am Donnerstagvormittag, nur etwas mehr als eine Woche nach dem überraschenden Rücktritt von Ex-Parteichef Michael Spindelegger, sonnengleich im gelben Leuchtkreis die Botschaft von der Bühne: "Wir sorgen für Bewegung".

Dass Motto und Zeitpunkt in solcher Intensität miteinander verschmelzen würden, hatte sich selbst der neue Staatssekretär Harald Mahrer, der gemeinsam mit ÖVP-General Gernot Blümel und Dietmar Halper von der schwarzen Parteiakademie für den Sanierungsprozess verantwortlich zeichnet, nicht träumen lassen. Aber auch der neue Chef, Reinhold Mitterlehner, bekundet vor den in der EMS Lounge im dritten Bezirk versammelten Sympathisanten: "Mit den Neuen haben wir nicht nur mehr Qualität im Team. Es ist auch nicht mehr so stupid ,Ja' oder ,Nein'." Ob damit die Positionierung in Sachen Steuerreform gemeint ist, lässt er offen.

Ideen zum 70er

Der neue Ansatz: Man will sich inhaltlich bewegen, auch strukturell. Am liebsten unter kräftigem Mitwirken von außen. Was macht die moderne Volkspartei also? Sie geht ins Internet und startet dort unter evolution.oevp.at einen Ideenwettbewerb, dessen erstes Substrat beim "Reformparteitag" Anfang 2015 zum 70er der ÖVP beschlossen werden soll.

Erste Ideen durften bereits vom Publikum eingebracht werden - und zwar mittels SMS, die dann von der Videowall des schwarzen Evolutionszentrums prangte. "Wann schafft die ÖVP endlich die Bünde ab?", drängte eine sicher zufällig ausgewählte, aber leider böse, weil anonymisierte Anfrage, an das Licht der Öffentlichkeit. Gelegenheit für Mitterlehner, antizipierten Ängsten vor zu viel Neuerung entgegenzuhalten: "Es geht nicht darum, etwas abzuschaffen." Und Gelegenheit, zur Diskussion unter Klarnamen einzuladen: Beiträge von "Pupsi 77" oder "Carlo" will man nicht.

Auch an den geistigen Inputs aus den deutschsprachigen Schwesterparteien hatte der sonst demonstrativ zu Scherzen aufgelegte Parteichef einiges herumzumäkeln. Auftritt Béatrice Wertli, Generalsekretärin der Schweizer CVP, die innerhalb der Partei deren größtes Potenzial sieht: "Machen wir aus unseren Leuten ÖVP-Hooligans!" Das gefällt Mitterlehner nicht. "Es ist genügend in der Luft", findet er, darüber hinaus: "Ideenfreiheit."

Als Nächster versucht es der Südtiroler SVP-Chef Philipp Achammer, der den hiesigen Schwarzen "viele Reformkräfte so wie meinen guten Freund Sebastian Kurz" wünscht, mit einem Plädoyer für eine "gesetzliche Amtszeitbeschränkung". Auch hier bremst Mitterlehner: "In der ÖVP hat der Parteiobmann durchschnittlich 4,3 Jahre", er wünsche sich eher eine "Amtszeitgarantie".

Twitter, Django und Schluss

Dorothee Bär, die stellvertretende Generalsekretärin der CSU, gibt der ÖVP mit auf den Weg: "Vergesst die Frauen nicht!" Außerdem freut sie sich darüber, dass ihr Außenminister Kurz seit Donnerstag auf Twitter folgt. Da öffnet sich auch Mitterlehner: "Soll ich auch zu Twitter?" Wenn da nicht noch das gemeinsame Abschlussbild anstünde. Posiert wird zu "Django unchained", der Titelmelodie aus dem gleichnamigen Tarantino-Film. Nach 30 Sekunden war das auch den Innovativsten unter den Schwarzen zu viel. Da war Schluss. (Karin Riss, DER STANDARD, 5.9.2014)