SPÖ-Budget- und -Finanzsprecher Jan Krainer berät Kanzler Werner Faymann.

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Ich habe vergangene Woche in Alpbach eine Debatte zwischen SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer und Neos-Chef Matthias Strolz moderiert. Krainer ist einer der hellsten Köpfe unter den Sozialdemokraten. Dass er Kanzler Werner Faymann in der Wirtschaftspolitik berät, weist darauf hin, dass die Partei weiß, was sie an ihm hat – dass er kaum öffentlich auftritt, tut das nicht.

In der Debatte sagte Krainer zum Streitthema Vermögenssteuer Folgendes: Es gibt zwei Fragen, die man nicht miteinander vermengen sollte.

Erstens: Was besteuern wir wie hoch? Was ist das Verhältnis zwischen Steuern auf Einkommen, Vermögen, Verbrauch und anderen Quellen?

Zweitens: Wie viel und wofür gibt der Staat Geld aus? Welche öffentlichen Aufgaben werden vom Staat erfüllt und welche von privater Seite?

Strolz: Zuerst Ausgaben senken

Strolz widersprach: Man sollte über Vermögenssteuern nicht sprechen, solange es möglich sei, Staatsausgaben zu kürzen. Das war auch die Botschaft des neuen VP-Chefs Reinhold Mitterlehner: zuerst Ausgabenreform, dann Nachdenken über neue Steuern.

Ich stehe in diesem Punkt auf Krainers Seite – nicht weil ich die von der SPÖ geforderten Vermögenssteuern für das Gelbe vom Ei halte, sondern weil die Trennung der Fragen eine ehrlichere Debatte, einen besseren Abtausch von Zugeständnissen und damit sinnvollere Lösungen erlaubt.

Wenn sich die Koalition bis März tatsächlich auf einen Plan für eine Lohnsteuersenkung einigen will, dann soll sie Krainers Konzept folgen.

Lohnsteuersenkung durch Abgaben gegenfinanzieren

Eine Lohnsteuersenkung sollte voll und ganz über die Einnahmenseite gegenfinanziert werden. Ob durch Reichensteuer, eine höhere Grundsteuer, die Streichung von überholten Steuervorteilen oder umweltschonende Abgaben wie eine höhere Treibstoffsteuer, müssen sich die Koalitionsparteien ausschnapsen. Aber bitte niemand soll in diese Diskussion Frühpensionen, die ÖBB und Förderungen für Bauern hineinwerfen.

Das wäre dann eine echte Steuerreform, nicht eine als Reform verkleidete Senkung. Die beiden Ziele müssten mehr Fairness und ein Steuersystem sein, das Wachstum fördert. Dafür gibt es ausreichend Expertenkonzepte.

Die Abgabenquote sollte dort bleiben, wo sie derzeit ist, bei 45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist zwar hoch, aber nicht katastrophal. Damit sie nicht weiter steigt, müsste auch eine Abgeltung für die zukünftige kalte Progression, die Einkommensteuern Jahr für Jahr erhöht, beschlossen werden.

Ausgabenbremse wird notwendig sein

Die Ausgaben gehören auch diskutiert, aber getrennt. Eine Ausgabenbremse wird wohl notwendig sein, damit Österreich trotz der schwächeren Konjunktur die EU-Defizitgrenzen nicht verletzt – und der Staat das Geld für neue Aufgaben freischaufeln kann, etwa für Bildung, Forschung, Pflege oder auch ein halbwegs funktionierendes Bundesheer.

Klar muss sein, dass das Geld dafür nur durch Umschichtung beschafft werden kann, nicht etwa durch neue Steuern. Pensionen, Verwaltung, Förderungen, Krankenhäuser – hier ist genügend Bedarf an Reformen.

Wenn sich die Koalition auf ein besseres Steuersystem und eine bessere Ausgabenverteilung geeinigt hat – und beides sind Herkulesausgaben –, dann kann man darangehen, über die Staats- und Abgabenquote zu reden.

Abgabenquote langfristig senken

Wünschenswert wäre es, wenn es gelingt, sie auf den Eurozonenschnitt von 42 Prozent zu senken. Aber das geht, damit es nachhaltig ist, nur langfristig – zum Beispiel um 0,3 Prozentpunkte im Jahr über einen Zehnjahreszeitraum. Dafür müssten Steuern und Ausgaben sinken.

Entscheidend aber ist, dass Österreich davon wegkommt, wie ein Jo-Jo alle paar Jahre Steuern drastisch auf Kosten des Budgets zu senken und dann wieder über Sparpakete zu versuchen, die Defizite in den Griff zu bekommen. Das hat uns dorthin geführt, wo wir heute sind. (Eric Frey, derStandard.at, 3.9.2014)