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Bleibt Kopf der ÖVP-Reformgruppe: Gernot Blümel.

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Wien - Manche Dinge entfalten eine gewisse Eigendynamik, auch in der ÖVP: "Wir sorgen für Bewegung" prangt da etwa aktuell in dicken schwarzen Buchstaben auf der Einladung zur "Evolution Volkspartei". Am 4. September lädt man zur Auftaktveranstaltung des parteiinternen Erneuerungsprozesses. Und der, der da mit einem knackigen Motivationssprüchlein den Einladungstext ziert, hat mittlerweile wirklich für einiges an Bewegung in der Partei gesorgt: Der am Dienstag von allen Funktionen zurückgetretene Michael Spindelegger.

Menschen begeistern

Dabei hatte er bei Drucklegung noch einiges vorgehabt: "Wir wollen die Volkspartei als moderne, bürgerliche Partei des 21. Jahrhunderts verankern. Mit ,Evolution Volkspartei' diskutieren wir über unser Programm, unsere Strukturen und darüber, wie wir zukünftig Menschen für uns begeistern können."

Genau das erwarten sich viele in der Partei seit langen. Auch wenn die Erfahrung lehrt, mit diesen Erwartungen zu haushalten. Zuletzt etwa anlässlich des von Spindelegger-Vorgänger Josef Pröll ins Leben gerufenen Perspektivenprozesses. Da wurden Anfang 2007 ziemlich viele Stunden in Arbeitsgruppen verbracht, mit deren Resultaten allerdings "niemand etwas anzufangen gewusst hat", wie Walter Marschitz, Sprecher der Plattform für offene Politik, im die aktuelle Reform begleitenden Buch "Die Volkspartei Evolution" bekrittelt.

Aber sind turbulente Tage wie diese, wo die Obmannfrage die Partei am linken Fuß erwischt, die Suche nach dem künftigen Finanzminister voll im Gang ist, wirklich der richtige Zeitpunkt, um über die Grundfeste einer Partei in der Krise zu diskutieren?

Ja, findet der frühere ÖVP-Obmann Erhard Busek. Als einer von wenigen, hat er nicht die allgemeine Lobeshymne mit angestimmt: Reinhold Mitterlehner sei nicht die Lösung des Problems, eine solche könne es nur geben, "wenn sich die ÖVP überlegt, wofür sie steht und was sie tut".

Genau dafür will Gernot Blümel sorgen, der als Generalsekretär und Spindelegger-Vertrauter den Evolutionsprozess über hat. Dass er das auch künftig tun soll, hat ihm der "Neue" - Mitterlehner - bereits zugesichert. Blümel will es diesmal als Prozess von unten anlegen. Neben der Ochsentour zum einfachen Funktionär setzt er dabei auf Online-Beteiligung.

Ferngesteuerte Marionetten

Die paar User, die sich auf der schwarzen Ideenwand bereits eingetragen haben, wissen, was der Partei gut täte. "Schaffung einer Möglichkeit, ohne Landes- oder Bündezuteilung (...) befristet Mitglied zu werden", schlägt etwa Rudolf Toifl einen "Schnuppermodus" vor. Ein anderer widmet sich der Glaubwürdigkeit von Politikern. Seine Beschreibung des Istzustands: "Personalrochaden während der Amtszeit ohne erkennbare Veränderungen", "ferngesteuerte Marionetten". Ob man's ganz so grundsätzlich angehen will, konnte Gernot Blümel am Donnerstag nicht beantworten. Er sorgte gerade in der Partei "für Bewegung". (riss, DER STANDARD, 29.8.2014)