Die Kreativität der Werbebranche ist grenzenlos. Genauso wie die Phantasie unseres Autors Stefan Ender. Er denkt sich an dieser Stelle wöchentlich eine Geschichte zu einer aktuellen Werbekampagne aus. Das Magazin mit dem aktuellen Werbesujet fotografierte Lukas Friesenbichler, das Originalmotiv stammt von Domenico Dolce.

Foto: Lukas Friesenbichler / Originalsujet: Domenico Dolce

Herbst auf Miramondo. Luca Altemps D’Este, der General Manager dieser sehr speziellen Ga(y)ted Community auf Sizilien, war in den vergangenen Wochen in Sorge gewesen: Pi Lee, der südkoreanische Besitzer dieses Dörfchens, schien in letzter Zeit das Interesse an seinem einstmals liebsten Spielzeug verloren zu haben. Seine Zugriffe auf Miramondo-TV hielten sich in einem äußerst überschaubaren Rahmen.

Foto: Lukas Friesenbichler / Originalsujet: Domenico Dolce

Altemps D’Este hatte versucht, das Interesse seines greisen Arbeitgebers mit speziellen Themenabenden neu zu entfachen: „Römische Nächte“, „Afrika, dunkel lockende Welt“, „Boys from Ipanema“ usw. Das hatte einige Zeit leidlich funktioniert; den Abwärtstrend der Einschaltquote hatte dies aber nicht nachhaltig stoppen können.

Nun entschloss sich der adelige Italiener zu einem äußerst gewagten Mittel: Claudia Schiffer. Eigentlich waren ja Frauen auf Miramondo strikt verboten, aber die Schiffer war eine Ikone und zog auch bei eigengeschlechtlich orientierten Männern eigentlich immer. Für eine Tagesgage, die in etwa seinem halben Jahresgehalt entsprach, lockte Altemps D‘Este die dreifache Mutter von ihrem mallorquinischen Feriendomizil nach Sizilien, und fünf andere Frauen gleich noch mit dazu.

Im herbstlichen Ambiente ließ er La Schiffer herumtanzen und mit den Hüften wackeln, dass es wahrscheinlich allen Männern dieser Erde eine Freude gewesen wäre. Nicht so für Mr. Lee. Der südkoreanische Milliardär nützte sein privates One-Client-Pay-TV am Schiffer-Tag für exakt eine halbe Minute, dann wandte er sich wieder seinen Geschäften zu. Altemps D’Este ließ die 44-Jährige trotzdem die vertraglich vereinbarten sechs Stunden durchtanzen. Dann sollte wenigstens Nonno Geppetto noch ein wenig Freude haben. (Stefan Ender, derStandard.at, 28.8.2014)