Ein halbes Kilo rauchfertiger Cannabisblüten soll jeder "Homegrower" produzieren dürfen, fordert eine Bürgerinitiative vom Nationalrat.

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Wien - 1961 verabschiedeten die Vereinten Nationen ihr "Einheitsabkommen gegen die narkotischen Drogen", 1971 folgte die "Konvention über psychotrope Substanzen". Die Dokumente listen - "geleitet von der Sorge um die Gesundheit und das Wohl der Menschheit" - in ihren Anhängen mehrere hundert chemische Stoffe auf, die nach völkerrechtlicher Übereinkunft nicht zur Berauschung missbraucht werden sollen. Wie die meisten Staaten der Erde unterwirft auch Österreich sein Suchtmittelgesetz (SMG) der UNO-Liste.

In Paragraf 6 des SMG sind "Erzeugung, Verarbeitung, Umwandlung, Erwerb und Besitz" dieser hunderten Substanzen geregelt - nur eine einzige Droge hat mit Paragraf 6a einen eigenen Gesetzesabschnitt erhalten: "Anbau von Pflanzen der Gattung Cannabis zwecks Gewinnung von Suchtgift". Genau diesen Erwähnung möchte eine Bürgerinitiative an den Nationalrat nun ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen wissen. Über 20.000 Menschen haben die am 4. August eingebrachte Initiative "Herausnahme von Cannabis aus dem Österreichischen Suchtmittelgesetz" bisher unterstützt.

Cannabiserzeugungssteuer ...

Bernhard Amann, gleichzeitig Vorsitzender des Vereins "Legalize! Österreich" und Stadtrat im Vorarlberger Hohenems, findet als Erstunterzeichner keine lobende Worte für die österreichische Cannabisgesetzgebung. Obwohl Hanf "fixer Bestandteil der Lebenskultur" Hunderttausender sei, würden mehrere hundert Millionen Euro jährlich in die "Verfolgungsbürokratie" gesteckt. Es gebe seit Jahrzehnten "Desinformationskampagnen und unverhältnismäßige Strafen, um den wohl vielseitigsten natürlichen Rohstoff der Erde zu bekämpfen", schreibt Amann in seiner Erklärung an das Parlament. Die Streichung von Paragraf 6a und eine daraus resultierende Entkriminalisierung von Hanf würde den EU-Mindestanforderungen nicht widersprechen, so Amann.

Konkret fordert er die Straffreistellung des Besitzes sowie der Eigenproduktion. 500 Gramm getrockneter Blüten pro Jahr und Erwachsenen sollen lizenzfrei sein, darüber werden eine Erzeugerkonzession und eine "Cannabiserzeugungssteuer" von zwei Euro pro Gramm Marihuana fällig. "Leichtes" Cannabis mit einem THC-Wert unter 20 Prozent solle mit nur einem Euro pro Gramm besteuert werden.

... für Haschtrafiken

Für die kommerzielle Abgabe sollen neben den neuen Lizenzinhabern die bestehenden Strukturen von Tabakwarenhändlern, Apotheken und ähnlichen Verstriebsstellen genutzt werden. Der Vorschlag für eine entsprechende Lizenzgebühr steht bei 1.000 Euro. Der Erwerb und Besitz solle analog zu Nikotin und "leichten" Alkoholika ab Erreichen des Wahlalters erlaubt sein.

Gedanken haben sich die Initiatoren auch über mögliche Beeinträchtigungen bei Fahrzeuglenkern gemacht. Wie beim Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille pro Liter soll ein THC-Gehalt von zehn Nanogramm pro Milliliter als Obergrenze für die Fahrtüchtigkeit gelten. Dafür wäre eine Novellierung von Paragraf 5 der Straßenverkehrsordnung notwendig.

Aktuell liegt die "Herausnahme von Cannabis aus dem Österreichischen Suchtmittelgesetz" hinter "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" (101.596 Unterstützer) auf Platz zwei der erfolgreichsten Bürgerinitiativen. Bis zum Abschluss der Beratungen im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen kann das Anliegen noch elektronisch unterzeichnet werden. Weil die 500 für eine parlamentarische Behandlung notwendigen Unterschriften bereits erreicht wurden, wird sich der Nationalrat bindend mit der Legalisierungsforderung beschäftigen. (mcmt, derStandard.at, 4.9.2014)