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Österreich hat viele Seen. Im Sommer gibt es Badeunfälle, im Winter Eisbruch. Dann ist die Wasserrettung unterwegs und bewahrt Menschen vor dem Ertrinken. Aber nicht nur das ist ihre Aufgabe.

Foto: APA/Gindl

Bregenz – Es schüttet, wie so oft in diesem Sommer. Der Rhein steigt höher und höher. Die Einsatzkräfte der Anrainergemeinden sind in Bereitschaft. In der Schweiz hat der Fluss die Hochwassermarken überschritten, orkanartige Sturmböen verursachen landesweit Schäden.

Dann, am Nachmittag des 13. August, die ungewöhnliche Meldung der Schweizer Polizei an die Vorarlberger Kollegen: Ein Ponton, eine schwimmende Arbeitsfläche, wurde vom Hochwasser mitgerissen, treibt den Rhein hinunter. 40 Tonnen sind da unterwegs. Polizei und Feuerwehr sperren eine Rheinbrücke nach der anderen, man befürchtet, dass nicht alle Brückenpfeiler den Zusammenprall aushalten.

Gefährliche Schaulust

Neben Polizei und Feuerwehr ist die Wasserrettung im Einsatz. Menschen gilt es nicht von der Plattform zu holen, die Arbeiter konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Das ungewöhnliche Schwimmobjekt hat aber zahlreiche Schaulustige angelockt. Auf beiden Seiten des reißenden Flusses sind hunderte Menschen unterwegs, um ja mitzubekommen, ob der Ponton nun eine Brücke einreißt oder nicht.

Wie immer, wenn die Sensationslust stärker ist als die Vernunft, bringen sich Schaulustige in potenzielle Gefahr. 25 Wasserretter, alarmiert über ihre Pager, sind vom Arbeitsplatz oder aus ihrer Freizeit zum Einsatz geeilt. Nun sind sie mit fünf Fahrzeugen einsatzbereit. Zwei Raftmannschaften zu je sieben Menschen pro Boot begleiten den Ponton auf Schlauchbooten. Vom Damm aus werden sie durch ein Quad gesichert.

"Eventuell könnte man die Plattform mit einem Stahlseil sichern", lautet die Überlegung, und dadurch gemeinsam mit der Feuerwehr die Geschwindigkeit des Pontons drosseln. Technisch wäre das möglich, sind die Einsatzleiter überzeugt. Schließlich verwirft man die Idee. Es zeigt sich, dass der Ponton wenig Schaden an den Brücken anrichtet. Es stehe nicht dafür, für eine Arbeitsplattform die Gesundheit der Männer aufs Spiel zu setzen.

Die Irrfahrt des Pontons endet mit einigen Brückenschäden und eigenem Totalschaden. An der Rheinmündung läuft die Plattform auf Grund. Der Einsatz der Wasserrettung ist beendet. Getaucht wird an diesem Abend nicht mehr. Die Bergung wird am nächsten Tag die Feuerwehr übernehmen.

Rund 1000 Einsätze in Vorarlberg

Einsätze wie jener am Rhein sind singuläre Ereignisse. Alltagsgeschäft der Wasserrettung sind Bäderüberwachungsdienste, Erste-Hilfe-Leistungen, Sachgüter- und Personenbergungen. Belastendes wie die erfolglose Suche nach Vermissten oder die Bergung Ertrunkener gehört zu den Aufgaben der Rettungsorganisation.

Im Vorjahr holte die Vorarlberger Wasserrettung 18 Menschen aus Notsituationen, eine Lebensrettung wird bilanziert. Dem schnellen Einsatz der jungen Rettungsschwimmerin Veronika Künz verdankt ein vierjähriges Mädchen sein Leben. Das Kind war ohne Schwimmflügel ins Becken des Harder Strandbads gerutscht. "Als ich sie im Bereich der Rutschbahnen entdeckte, zappelte sie unter Wasser", berichtet die Retterin, die nach dem kleinen Mädchen tauchte. Für das Kind ging der Unfall glimpflich aus, es wurde früh genug von der Rettungsschwimmerin gefunden und erstversorgt. Rund 1000-mal waren Mitglieder der Vorarlberger Wasserrettung im Vorjahr ehrenamtlich im Einsatz, die größeren Organisationen in Kärnten und Wien verbuchen mehr als 2000 Einsätze jährlich.

Es geht um schnelle Hilfe

Wie bei Lawinenunfällen zählt auch bei Badeunfällen jede Minute. Bereits nach drei Minuten ohne Sauerstoffversorgung können irreversible Gehirnschädigungen eintreten. "Das Hauptziel jeder Ersten Hilfe bei Ertrinkungsopfern ist die rascheste Beseitigung des Sauerstoffmangels", erklärt Mario Krammel von der Wiener Universitätsklinik für Anästhesie.

Pro Minute ohne Wiederbelebungsmaßnahmen sinkt bei einem Kreislaufstillstand die Wahrscheinlichkeit zu überleben um etwa zehn Prozent. Krammel: "Bei einem Ertrinkungsnotfall hat die Beatmung einen höheren Stellenwert als bei einem Kreislaufstillstand, dessen Ursache beim Herzen liegt. Deshalb sollten nach 30 Herzdruckmassagen immer zwei Beatmungen durchgeführt werden." Das gelte für Laienhelfer auch bei Kindern. Falsch machen könne man dabei nichts. Krammel: "Das Falsche wäre, nichts zu tun."

Auch wenn sich ein Ertrinkungsopfer rasch erholt, sollte es zur Abklärung in ein Krankenhaus. Denn ein Badeunfall kann Nachwirkungen haben: Wasser in der Lunge kann bis zu 24 Stunden nach dem Unfall die Sauerstoffversorgung beeinträchtigen, im schlimmsten Fall mit tödlichem Ausgang.

Wie man bei Badeunfällen richtig reagiert, lernt man bei der Wasserrettung. Rettungsschwimmerkurse gibt es in allen Bundesländern. Die Wasserrettung ist übrigens ein Verein, der vor allem junge Menschen anspricht. Zwei Drittel der Mitglieder sind zwischen 13 und 30 Jahre alt. (Jutta Berger, DER STANDARD, 26.8.2014)