Washington/Wien - Sie gelten als die Luxuskrankheiten der Industrieländer: In den vergangenen Jahren kam es in unseren Breiten zu einer enormen Zunahme von Allergien aller Art, deren Ursachen nach wie vor nicht restlos geklärt sind. In den USA beispielsweise stieg der Anteil betroffener Kinder von 1997 bis 2007 um 18 Prozent.

Insbesondere bei den Lebensmittelallergien vermuten Experten, dass eine veränderte Darmflora der Auslöser sein könnte. Diese Vermutung erfährt nun ihre Bestätigung: Ein Team um Cathryn Nagler (Uni Chicago) berichtet, dass Mäusen, die auf Erdnüsse sensitiviert wurden, durch die Einschleusung bestimmter Darmbakterien geholfen wurde.

Für ihre im Fachblatt "PNAS" veröffentlichten Studie verwendete die Forschergruppe Versuchstiere, die entweder "keimfrei" waren oder solche, bei denen durch Antibiotikagabe die Zahl der Darmbakterien stark dezimiert war. Als die Tiere Erdnussallergenen ausgesetzt wurden, produzierten sie nach dem Verzehr von Erdnüssen eine sehr viel größere Anzahl an Antikörpern gegen die Nüsse als Nager mit einer normalen Darmflora - ein klarer Hinweis auf die Schlüsselrolle der Darmflora bei Lebensmittelallergien.

Probiotische Therapien

Für den zweiten Teil der Untersuchung wurden den Mäusen dann Darmbakterien der Klasse Clostridia in den Intestinaltrakt verpflanzt, was die allergischen Reaktionen auf Erdnüssen prompt zum Verschwinden brachte. Wie Genanalysen zeigten, stimulierten die Darmbakterien die Produktion des Botenstoffes Interleukin-22, der wiederum dafür sorgte, dass die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut für Allergene reduziert wurde. Für Nagler und ihre Kollegen ist damit offensichtlich, dass probiotische Therapien allergische Reaktionen auf Lebensmittel reduzieren oder überhaupt verhindern könnten.

Ebenfalls im Fachblatt "PNAS" klärten Grazer Forscher um Georg Schneditz auf, wie Antibiotika das mikrobielle Gleichgewicht im Darm massiv stören können. Ihre Studien zeigten, dass Antibiotika das Wachstum des Bakteriums Klebsiella oxytoca, das sich bei gesunden Menschen unauffällig verhält, enorm steigert. Das kann im Extremfall zu einer schweren Darmentzündung mit blutigem Durchfall führen. (tasch, DER STANDARD, 26.8.2014)