Drei "genießbare" Bushaltestellen gibt es bisher in London.

The Edible Bus Stop

Ziel ist, alle Stationen der Buslinie 322 mit essbarem Grün zu verschönern.

The Edible Bus Stop

"The Edible Bus Stop" begann als Guerilla-Gardening-Initiative und ist mittlerweile eine eingetragene Marke.

The Edible Bus Stop

Wien/London - Ob sich Hänsel und Gretel auch von Apfelbäumen und Erdbeersträuchern, Mais, Rhabarber und Tomaten hätten anlocken lassen, anstatt von einem Haus aus Lebkuchen? Möglicherweise, wenn sie mit der Londoner Buslinie 322 gefahren wären, die im Süden der Metropole verkehrt.

Das öffentliche Verkehrsmittel bleibt an drei Haltestellen stehen, an denen Obst und Gemüse gepflückt und verspeist werden können. Und obwohl das Ganze mit Lebkuchen und Hexenhäuschen nichts am Hut hat, lässt der Name des Projekts an das berühmte Märchen der Gebrüder Grimm denken: "The Edible Bus Stop" heißt übersetzt "Die essbare Bushaltestelle".

Entstanden ist das Konzept aus einer nachbarschaftlichen Guerilla-Gardening-Initiative. Projektleiterin Makaela Gilchrist versuchte damals, ein verlassenes grünes Fleckchen in ihrer Nachbarschaft zu retten. Sie verteilte Flyer, Interessierte meldeten sich und der geplante Abriss der Grünfläche inklusive eines alten Silberahorns wurde verhindert.

Drei Standorte

Stattdessen pflanzte die Initiative im März 2011 in Eigenregie das erste "essbare" Stückchen Garten neben eine Busstation und eine Telefonzelle. Mittlerweile gibt es die genießbaren Beete an drei Standorten in London; und alle werden von der Linie 322 angefahren.

Was als Bedürfnis begann, eine vergessene Ecke im Stadtviertel schöner zu gestalten, ist heute ein ehrgeiziges Projekt mit der Überzeugung, dass urbane Gärten die städtische Lebensqualität verbessern. Das selbst erklärte Ziel des Teams (Gilchrist arbeitet mit einem Landschaftsarchitekten zusammen): Die Linie 322 soll zur "essbaren Buslinie" werden, also nur begrünte Haltestellen anfahren. Denn Gemeinschaftsgärten sollten nicht versteckt in Innenhöfen liegen, sondern für möglichst viele Menschen sicht- und essbar werden, meinen Gilchrist und ihr Kollege. Was liege da näher, als ein öffentliches Verkehrsmittel, das täglich viele Menschen von Garten zu Garten fährt.

Eingetragene Marke

Heute ist "The Edible Bus Stop" eine eingetragene Marke. Gilchrist und ihr Partner arbeiten mit Nachbarschaftsinitiativen und unterstützen sie bei der Finanzierung, Gestaltung und behördlichen Umsetzung ihrer urbanen Gärten. Neben den essbaren Busstationen - die drei bereits bestehenden wurden unter anderem mit Fördermitteln aus dem städtischen Begrünungsprogramm "London Pocket Parks" finanziert - kreiert das Team auch Pflanzenskulpturen und Pop-up-Installationen für Festivals und Ausstellungen.

Die Grundsatzidee von frei zugänglichen, urbanen Grünflächen erweitern die beiden um einen optischen Anspruch. Die Haltestellen sollen nicht nur "essbar" sein, sondern mit ihrer visuellen Gestaltung zum Verweilen anlocken. Das fördere nicht nur den Gemeinschaftsgedanken, sondern gebe den Menschen ein Gefühl von Zugehörigkeit und Stolz, sagt Gilchrist. Vandalismus spiele dann kaum eine Rolle mehr. Denn wer sich als Teil von etwas fühle, kümmere sich auch gerne darum. (Christa Minkin, DER STANDARD, 26.8.2014)