Bariton Clemens Kölbl, Mona Kospach und Sopran Kaoko Amano treiben es auf und neben der Kuh. Didi Bruckmayr (nicht im Bild) grölt dazu stimmgewaltig.

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Graz – Schon wieder Gender. Wäre das Theater ein Sommerloch, würde man sich sogleich mit dem Programmfolder Luft zufächeln. Aber ein Faible für klangvolle Neologismen kann versöhnlich wirken. "Genderassa Bumm!" verspricht Bodo Hell im Vorfeld seines nun im Literaturhaus Graz uraufgeführten Singspiels feminin/masculin (eine Anspielung auf Jean-Luc Godards Filmtitel Maskulin Feminin). Keine Angst: Weder wird eine bierernste Diskussion ums Binnen-I und seine Gefahr für den freien Schreibfluss der Natur vom Zaun gebrochen, noch den Zeiten nachgeheult, da große Söhne unter sich bleiben konnten.

Was hat man zu erwarten? Grundlage war ein rund hundert Seiten starkes Werk des Autors Hell, der in der Einsamkeit der Almen seine Worte sucht. Darin soll es um Geschlechterkämpfchen gehen. Angereichert mit Ingredienzien des Bildungsbürgertums: Mythologie, ein bisserl Mozart, Heiligengeschichten und einige das Spießeridyll auf die Dichterschippe nehmende Stereotypen. Regisseur und Autor Ernst M. Binder baute daraus das nur eine gute Stunde dauernde Stück mit einem facettenreichen Personal. Da trällert die japanische, ganz in Rot gewandete Sopranistin Kaoko Amano mit wundervoller Stimme Sätze wie "Kratz mir die Augen aus" oder gar "Bring mich um". Stimmperformerin Gina Mattiello gibt im Hintergrund im weißen Anzug mit aufgemaltem Oberlippenbärtchen den ironischen Ton an.

Vorne rechts sitzen auf einer Kunstgrasinsel am Campingtisch das Yin und Yang einer Pärchenhölle: Didi Bruckmayr, abseits des Singspiels auch Frontmann von Fuckhead, hält sich mit wenig Krachleder und vielen Tattoos bedeckt und lässt gewaltige Ks knacken und Vokale aufjaulen vor Schmerz. Mona Kospach rezitiert im Bobo-Dirndl unter anderem über ihre Rollenbilder.

Und dann ist da noch der Senner im karierten Hemd mit einem Bariton im Rucksack, der eine goldene Kuh (nein, kein Kalb) von der Alm mitgebracht hat und sich teils im Gesang mit der Frau in Rot vereinigt. Stimmlich sind sie alle ein Vergnügen, der Text, Binders Umsetzung und die musikalische Umrahmung von Periklis Liakakis bringen einen dort und da zum Lachen – im besten Sinn.

Nur die Ankündigung, dass danach viele Fragen um Männer und Frauen beantwortet sein würden, muss ironisch gewesen sein. Was war noch mal die Frage? Egal. Wie heißt es in feminin/masculin: "Das Leben ist ein Roman und wir sollten unter allen Umständen dafür sorgen, dass er gut ausgeht." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 23./24.8.2014)