Jeder urlaubt so gut, wie er kann. Die einen buchen Ibiza, Capri oder Caorle, die anderen fahren in der Hoffnung, einen Schüppel ungläubige Köpfe absäbeln zu können, auf ein paar Wochen Abenteuerurlaub in den Irak. Das Reisebüro des "Islamischen Staats" wirbt mit einem All-inclusive-Paket: Wer Frömmeln für Fortgeschrittene bucht, kriegt den Kurs Halsabschneiden leicht gemacht gratis dazu.

Ich habe heuer die Warnung des gebürtigen Normannen Flaubert, dass man in der Normandie die Sonne ebenso oft am Himmel sehe wie "Diamanten am Hintern der Säue", in den Wind geschlagen. Prompt wurden wir in Rouen, Caen und Cabourg, mit unwesentlichen Unterbrechungen, eine Woche lang von allen Seiten her von salzigen Ärmelkanalbrisen angenieselt und angepieselt. Das Gefühl einer wohligen Urlaubsdurchsonnung wollte sich nicht so recht einstellen.

Andererseits ist ja auch nicht jeder darauf heiß, sich durchsonnt zu fühlen. Für einen gelungenen Urlaub braucht man Kontrasterlebnisse. Wer das Jahr über von seinem Chef angepflaumt wird, macht dafür gern aus Rache im Urlaub Zimmermädchen oder Kellner zur Schnecke. Wer das Jahr über in einem warmen arabischen Land lebt, fährt im Sommer gern ins regnerische Zell am See.

Der Spiegel zitiert diese Woche eine zellamseerische Hotelchefin mit den Worten, ihre arabischen Gäste fänden das Klima in Zell am See "wunderbar, die Kühle, das Grau, der Regen." Ich kann das verstehen, wenn ich an Arabien denke. Glühend heißer Wüstensand. Feurig gewürztes Couscous. Oasen, bacherlwarm wie Whirlpools. Kamele, die einen durch schwülstige Atemstöße in den Nacken zusatzerhitzen. Oft auch keine Möglichkeit, sich in diesem gebackenen Ambiente mit einem Getränk zu erfrischen. In Riad zum Beispiel können Sie nach einem Biergarten lange suchen.

Daher also Urlaub in Zell am See. Typischer Dialog in einem saudischen Reisebüro: "Regnet es dort auch wirklich sicher?" "Ich schwöre: Traumniederschläge Ende nie. Garantiere, dass es Sie mindestens dreimal anschifft von oben bis unten." "Auch Graupelschauer?" "Graupelschauer hundert Pro! Wenn Sie Glück haben, verhagelt es Ihnen den Urlaub vom ersten bis zum letzten Tag." "Und wenn ich Pech habe?" "Kein Problem. Dann können Sie immer noch in die Normandie ausweichen." (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 23./24.8.2014)