Kanzler Faymann hat die Rochade in der SPÖ im kleinen Kreis eingefädelt, die "Krone" spielte den Postillion - doch so mancher Funktionär will sich nicht ständig vor vollendete Tatsachen stellen lassen.

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Wechselt ins Parlament: Doris Bures.

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Wechselt das Ressort: Alois Stöger.

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Wird Ministerin: Sabine Oberhauser.

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Wien - Jörg Leichtfried ist, zumindest auf dem Papier, Entscheidungsträger in der SPÖ. Der Europaabgeordnete sitzt in Präsidium und Vorstand, die in der Partei laut Statuten für die wichtigen Entscheidungen zuständig sind. Kommenden Montag steht eine solche an, geplant ist eine Rochade in der roten Regierungsmannschaft. Doch wäre Leichtfried auf die Kommunikationskanäle der SPÖ angewiesen, wüsste er davon noch gar nichts: "Ich bin bisher nicht offiziell informiert worden."

Glücklicherweise liest der Mandatar Zeitung. Aus der Krone konnte er vergangenen Freitagabend erfahren, dass Infrastrukturministerin Doris Bures neue Nationalratspräsidentin werden soll, der bisherige Gesundheitsminister Alois Stöger ihr nachfolgt und selbst durch die Abgeordnete Sabine Oberhauser ersetzt wird. Leichtfried rechnet damit, dass der Wechsel genau so stattfindet, er hat nichts gegen die ausgewählten Personen - sehr wohl aber gegen den Ablauf: "Eine ordnungsgemäße Vorgangsweise wäre, so etwas erst in den Parteigremien zu diskutieren und dann in der Öffentlichkeit bekanntzugeben. Die umgekehrte Reihenfolge halte ich für nicht produktiv."

Moitzi vermutet Strategie hinter Vorgangsweise

Mit dieser Meinung steht Leichtfried nicht allein da. "Das Prozedere war wieder einmal mehr als entbehrlich", sagt Vorstandsmitglied Wolfgang Moitzi und glaubt nicht daran, dass die Nachricht von der Rochade zufällig, von der Parteispitze ungewollt, in der Zeitung landete. "Es ist offenbar eine Strategie, bei Personalentscheidungen vorab Tatsachen zu schaffen, indem sie über die Medien verlautbart werden", ärgert sich der Exvorsitzende der Sozialistischen Jugend (SJ). Auf der Strecke bleibe dabei die innerparteiliche Demokratie: "Die Gremien sind nur mehr dazu da, längst gefällte Entscheidungen abzunicken. Eine ehrliche Debatte findet nicht statt."

"Befremdlich, alles vorab in der 'Krone' zu lesen"

Diese vermissen auch die anderen Jugendvertreter im SPÖ-Vorstand. Julia Herr, seit kurzem SJ-Chefin und deshalb vorerst nur kooptiertes, nicht stimmberechtigtes Mitglied, pocht darauf, dass die relevanten Entscheidungen in den zuständigen Gremien getroffen und nicht "auf undurchsichtige Weise vorbestimmt" werden: "Es ist sehr befremdlich, vorab alles in der Krone zu lesen."

"Wenn alles längst im kleinen Zirkel entschieden ist, hat eine Diskussion keinen Sinn mehr", schließt sich Fiona Kaiser, reguläres Vorstandsmitglied aus Oberösterreich, an und glaubt ebenfalls nicht an eine Kommunikationspanne: "Das läuft doch jedes Mal so." Kaiser würde etwa gerne ausdiskutieren, ob der jähe Wechsel eines "erfolgreichen" Gesundheitsministers ins Infrastrukturressort glaubwürdig wirkt: "Für Außenstehende sieht so etwas wie Postenschieberei aus."

Nichts Negatives sagen die Jugendvertreter über die Personen selbst - im Gegenteil: Moitzi und Herr nehmen Bures gegen Kritik in Schutz, als gelernte Zahnarzthelferin für den Karrieresprung unterqualifiziert zu sein.

Parteispitze: Info ist an Medien "durchgesickert"

Dass die Rochade längst fix sei, will die SP-Spitze freilich nicht bejahen - man wolle den Gremien eben doch nicht vorgreifen, argumentiert Parteichef und Kanzler Werner Faymann. Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer bestätigt den Umbau auf STANDARD-Nachfrage nur indirekt. Dass die Medien vor vielen Funktionären im Bilde waren, sei keine Absicht gewesen: Weil die Causa im Vorfeld sehr wohl mit einigen Genossen beraten wurde, sei die Info durchgesickert.

Unter den Eingeweihten waren rote Länderchefs - sie redeten, etwa im Fall Stöger, ein gewichtiges Wort mit. Wie in hohen Parteikreisen zu erfahren war, deponierte Oberösterreichs SP-Chef Reinhold Entholzer nach dem Tod von Barbara Prammer eine klare Botschaft: Wenn das zweithöchste Amt im Staat nicht mehr, wie nach der letzten Nationalratswahl vereinbart, oberösterreichisch besetzt ist, dann sollte die zweitstärkste Landesgruppe zum Ausgleich einen zweiten Minister aus Oberösterreich bekommen. Faymann servierte dann den Vorschlag, den ewigen Ablösekandidaten Alois Stöger zum Infrastrukturminister aufzuwerten - und in Oberösterreich war man umgehend mit nur einem Minister zufrieden. (jo, koli, mro, DER STANDARD, 21.8.2014)