Wer soll der nächste Bundespräsident werden? Bis zum Tod der Nationalratspräsidentin Barbara Prammer galt diese als wahrscheinlichste Kandidatin für dieses Amt. Nach dem großen Echo auf ihr Ableben zu schließen hätte sie die Wahl dafür vermutlich auch gewonnen. Aber jetzt?

Die Amtszeit des derzeitigen Staatsoberhaupts läuft in zwei Jahren aus, ein drittes Mal darf Heinz Fischer nicht mehr antreten. Höchste Zeit also für Interessenten, sich jetzt schon für die Bundespräsidentenwahl 2016 in Position zu bringen. Allzu groß ist die Auswahl an geeigneten Persönlichkeiten ja nicht.

Aber brauchen wir überhaupt einen Bundespräsidenten? Nein, meinen manche. Den "Ersatzkaiser" könne man ruhig abschaffen. Aber das dürfte kaum die Mehrheitsmeinung sein. Der Mann in der Hofburg - bisher waren es nur Männer - gehört zur österreichischen politischen Kultur. Man will jemanden haben, der über den Parteien steht, der das Land im Ausland würdig vertritt, der zu gegebener Zeit in angemessener Weise das Wort ergreift.

Was für Qualifikationen braucht ein Präsidentschaftskandidat? Er muss vor allem völlig integer sein. Nach all den Skandalen, in die Politiker in den letzten Jahren verwickelt waren, sehnen sich die Menschen nach einer Führungsfigur, an deren Anständigkeit nicht die geringsten Zweifel bestehen.

Was noch? Er könnte und sollte durchaus in einer politischen Tradition verwurzelt sein, kein Allerweltsmensch, aber er sollte über die Parteigrenzen hinaus allgemeines Ansehen genießen. Er sollte ausgleichen und vermitteln, aber, wenn es nötig ist, auch einmal klar und deutlich sagen können: so nicht. Klug, gebildet und auch ein wenig weltläufig sollte er oder sie auch sein. Man will sich nicht genieren müssen, wenn unser Bundespräsident in Brüssel oder Washington auftritt. Persönlichkeit ist wichtig. Und ein Schuss Humor kann auch nicht schaden.

Wer hat alle diese Eigenschaften? Es ist kein Geheimnis, dass Erwin Pröll, der ÖVP-Landeskaiser von Niederösterreich, gern Bundespräsident werden möchte. In der SPÖ werden Sozialminister Rudolf Hundstorfer präsidentielle Ambitionen nachgesagt. Gibt es Alternativen? Manche denken an den altgrünen Professor Alexander Van der Bellen. Andere wünschen sich Franz Fischler, den Ex-Landwirtschaftskommissar und jetzigen Alpbach-Präsidenten. Eine Frau ist nicht in Sicht.

Ein Bundespräsident ist so etwas wie die Visitenkarte eines Landes, einer, der in seiner Person dessen Identität und dessen Werte verkörpern kann. In Deutschland ist Joachim Gauck dabei, diesem Ideal zu entsprechen, in der Nachfolge des unvergessenen Richard von Weizsäcker. In Österreich waren Theodor Körner und Rudolf Kirchschläger hochangesehene Präsidenten. Heinz Fischer ist auf seine Weise in deren Fußstapfen getreten. Jetzt schon, so heißt es, verhandeln die Regierungsparteien über einen gemeinsamen Kandidaten für seine Nachfolge. Aber die Auswahl der Anwärter auf ein so wichtiges Amt, dessen Träger immerhin vom Volk gewählt wird, sollten die Bürger wohl nicht allein den Parteisekretariaten überlassen. Sondern selber darüber rechtzeitig und gründlich nachdenken. (Barbara Coudenhove-Kalergi, DER STANDARD, 21.8.2014)