Hannes Androsch lobt die Initiative Industrie 4.0.

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Wien – Eigentlich könne man ja mit der industriellen Basis Österreichs zufrieden sein, sagt Hannes Androsch, Vorsitzender des Forschungsrats. Mit einem Industrieanteil von 18,3 Prozent liege das Land auch deutlich über dem EU-Schnitt von 15,2 Prozent. Androsch: "Wir haben aber noch viel Luft nach oben, denn wir wollen ja nicht im Mittelfeld bleiben, sondern Spitze werden und zu Ländern wie Deutschland, Südkorea, Japan, USA oder Singapur aufschließen."

In diesem Zusammenhang findet er nur lobende Worte für die Initiative des Infrastrukturministeriums, schwerpunktmäßig auf Industrie 4.0, auf die vierte industrielle Revolution, zu setzen.

Doch was genau steckt hinter diesem recht modisch klingenden Schlagwort? Androsch: "Wir haben Roboter, wir haben die digitalisierte Fabrik, wir haben erneuerbare Energie. Uns fehlt aber noch die Verdichtung all dieser Bestandteile zu einem Konzept."

Dabei gelte es nicht nur, Technologieentwicklungen für die Industrie zu forcieren, sondern auch die sozial- und rechtswissenschaftlichen Aspekte dieses Fortschritts zu beachten. Der Chef des Forschungsrats sagt: "Arbeitsprofile haben sich bereits in den letzten Jahren geändert. Wir müssen uns aber fragen, wohin diese Entwicklung führt. Welche rechtlichen Anpassungen muss es da geben? Müssen wir auch irgendwann einmal Robotern Rechte im Arbeitsprozess zubilligen?"

Androsch spricht im Zusammenhang mit Industrie 4.0 vom sechsten Kondratieff-Zyklus. Der sowjetische Wirtschaftswissenschafter publizierte 1926 die Theorie von den zyklischen Wirtschaftsentwicklungen. Ausgangspunkt von solchen Entwicklungen sind stets Innovationen. "Das ist ein Prozess, in dem die Gesellschaft gerade steckt." Mit dem Programm Industrie 4.0 würde man in der Regierung immerhin das notwendige Problembewusstsein zeigen und auf internationale Entwicklungen reagieren. "Spät, aber immerhin."

"Pilotfabrik Industrie 4.0"

Insgesamt wird der Bund für den Schwerpunkt in den Jahren 2014 und 2015 mehr als 250 Mio. Euro an Förderungen zur Verfügung stellen. Kürzlich wurde, wie berichtet, auch die Gründung einer "Pilotfabrik Industrie 4.0" von Infrastrukturministerium und TU Wien bekanntgegeben.

Es soll sich dabei um ein realitätsnahes Modell handeln. Anfang 2015 wird der Betrieb aufgenommen, ab 2016 sollen weitere drei bis fünf dieser Pilotfabriken ausgeschrieben werden. Androsch: "Am Ende sollte ein Fortschritt in der Ganzheitsbetrachtung von Industrie stehen."

Wie soll sich die Industrieforschung insgesamt weiter entwickeln? Angesichts dieser Frage hieß es kürzlich wie so oft, dass man in der Forschung auf Stärken setzen müsste.

Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, sagte: Einen höheren Weltmarktanteil und Technologiegehalt habe Österreich bei Maschinen- und Fahrzeugbau, Metallwaren, innovativen Werkstoffen und Umwelttechnologien. Die beste Strategie sei, in den bestehenden Stärkefeldern in dynamische Märkte zu gehen. (pi, APA/DER STANDARD, 20.8.2014)