Bild nicht mehr verfügbar.

Ein eleganter Wasserspringer sei Constantin Blaha, sagen andere über den Wiener.

Foto: Reuters

Wien - "Wie war das Stoppen?" Diese Frage stellt Constantin Blaha seinem Coach Aristide Brun an diesem Trainingstag häufiger. Dabei hat er den nächsten großen Wettkampf im Hinterkopf: die Schwimm-EM in Berlin. Für die Wasserspringer wird's ab Montag ernst. Und das richtige Timing beim Stoppen des Sprungs ist gefragt.

Blaha macht sich große Hoffnungen, strebt sein bestes Ergebnis bei internationalen Titelkämpfen an. Auf der Habenseite stehen ein vierter Platz bei der EM 2013 in Rostock und zwei fünfte Plätze - bei der WM 2013 in Barcelona und bei der EM 2010 in Budapest. Jeweils vom 1-m-Brett. Da rechnet sich der Wiener (26) auch in Berlin bessere Chancen aus. "Ich zähle mich zu den Medaillenanwärtern."

Vom 3-m-Brett sei die Dichte unter den Europäern extrem stark. Aber Blaha hat ein Ass im Ärmel: viereinhalb Salti vorwärts. Er zeigt den anspruchsvollen Sprung, Schwierigkeitsgrad 3,8, erst seit heuer. "Er ist noch ein bisschen inkonstant. Ich kann 40 Punkte kriegen oder auch 90." Blaha ist schon eine Weile dabei - ein Vorteil bei den Preisrichtern. Seine Körpergröße von 1,78 Metern und die Höhe seiner Sprünge hinterlassen zudem Wirkung. "Man sagt, ich sei ein eleganter Springer."

Ende des Trainings zwischen Badegästen

Seit Juli dürfen sich Gäste des Wiener Stadthallenbads von Blahas Eleganz überzeugen. Dass das Bad nach vier Jahren Sanierung wieder geöffnet hat, sei ein Segen. Rund 40 Stunden pro Woche dürfen die Wasserspringer das Bad nutzen. Damit komme man aus. Zwei Einmeter- und zwei Dreimeterbretter stehen zur Verfügung, dazu ein Trockenbereich. Blaha klagt nicht. Die Jahre davor musste er im Stadionbad zwischen Badegästen zielspringen oder sich in kühlen Containern im Ottakringer Bad aufwärmen - sofern er in Wien war.

Die meiste Zeit studierte und übte Constantin Blaha in Phoenix, Arizona. So gut, dass er im Vorjahr bei der WM zweitbester Europäer wurde. Und weil er auch vom Dreimeterbrett das Finale der besten Zwölf (Platz neun) erreicht hatte, durfte er heuer erstmals bei der aus sechs Wettkämpfen bestehenden World Series antreten - als einer von zwölf Athleten. Blaha: "Eine große Ehre." Er habe davon geträumt, einmal dabei zu sein.

Welche Erfahrungen er mitgenommen hat? "Dass ich noch mehr trainieren muss, um ganz vorne mitzuspringen." Plätze zwischen zehn und zwölf schauten heraus. Heuer ist Blaha, sagt er, noch kein optimaler Wettkampf gelungen. Warum nicht bei der EM in Berlin? Die Anlage in der Schwimm- und Sprunghalle im Europastadtpark kennt er gut. Dort wurde auch des Öfteren trainiert. "Die EM ist ein halbes Heimspiel."

Olympiatraum

Nach der verpassten Qualifikation für Olympia 2012 ("ein harter Schlag") nahm sich Blaha eine dreimonatige Auszeit, um herauszufinden, welchen Stellenwert Wasserspringen in seinem Leben noch habe. Also? "Einen hohen Stellenwert." Blaha hat einen Traum: Olympia. Rio 2016. Das Masterstudium kann warten, der Bachelor für Wirtschaftskommunikation ist eh in der Tasche.

Der Sport macht ihm noch Spaß. Er sei spektakulär, das Training abwechslungsreich. Der Versuch, immer besser zu werden, sei wie eine Sucht. Der Drang nach Perfektion treibt ihn an. "Ich weiß, dass ich noch Potenzial habe." Potenzial gibt's auch im 3-m-Synchronbewerb. Fabian Brandl (22), Bruder der Synchronschwimmerin Nadine, ist sein Partner. Die Top acht werden in Berlin anvisiert. Blaha gefällt der Teamaspekt. Das gemeinsame Training helfe ihm auch im Einzel weiter.

Wasserspringen betreibt Blaha seit 20 Jahren. Ein Kindergartenfreund brachte ihn dazu. Am Anfang sei es eine Beschäftigungstherapie gewesen. "Es war eine gute Möglichkeit, überschüssige Energie loszuwerden." Elfjährig intensivierte er das Training.

Derzeit übt er etwa fünf Stunden pro Tag. Gelegentlich auch noch bei Mark Bradshaw in Arizona. "Ich höre verschiedene Meinungen zu meinen Sprüngen." Gut für ihn. Auch dass er jetzt, nach Wiedereröffnung des Stadthallenbades, nicht mehr so viel fliegen muss. "Ich habe jede Menge Flugmeilen gesammelt." Ein paar kommen mit dem Berlin-Trip dazu. Die Medaille würde er lieber mitnehmen. (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 16.8.2014)