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Der Materialismus ersticke echte geistige und kulturelle Werte, sagte Papst Franziskus in seiner Predigt.

Foto: ap/Lee Jin-man

Seoul - Bei seinem ersten Asienbesuch hat Papst Franziskus die Christen des wirtschaftlich aufstrebenden "Tigerstaats" Südkorea aufgerufen, dem Materialismus abzuschwören. Das Oberhaupt von weltweit rund 1,2 Milliarden Katholiken rügte am Freitag "unmenschliche Wirtschaftsmodelle, die neue Formen von Armut schaffen".

Zuvor hatten ihn Zehntausende Gläubige bei einem Freiluft-Gottesdienst im WM-Fußballstadion von Taejon begeistert begrüßt. Speziell an die "Christen dieser Nation" gewandt, forderte der 77-jährige Argentinier, dass sie an der Spitze einer geistigen Umkehr stehen sollten. Nach der Messfeier traf sich Franziskus mit Teilnehmern des Asiatischen Jugendtags. Zuvor hatte er bereits mit Opfern des schweren Fährunglücks im April in Südkorea, bei dem rund 300 Menschen umgekommen sind, gesprochen.

Aufruf zum Frieden

Die Messfeier am zweiten Tag des Pastoralbesuchs des Papstes in Südkorea fand aus Anlass des Hochfestes Maria Himmelfahrt statt. Am selben Tag gedenken die Koreaner auch der Befreiung von der Kolonialherrschaft der Japaner von 1910 bis 1945. Nach seiner Ankunft am Donnerstag in Seoul hatte Franziskus zum Frieden auf der koreanischen Halbinsel aufgerufen.

Mit "Viva Papa"-Rufen wurde der Argentinier am Freitag bereits bei der Ankunft in einem offenen "Papamobil" vor den Toren des Stadions von tausenden Gläubigen und Schaulustigen begrüßt. Außerhalb und innerhalb der Arena wurden ihm Kleinkinder hingehalten, um sie zu segnen. Das Stadion war mit rund 50.00 Menschen voll besetzt, die Messe wurde zudem außerhalb auf großen Leinwänden übertragen.

"Ich respektiere ihn als Person sehr", sagte vor der Messe die 26-jährige Katholikin Kim Tae Hee aus Seoul über den Papst. Er sei sehr aufgeschlossen und gehe auf jeden offen zu.

"Verlockung des Materialismus"

In seiner Predigt geißelte der Papst die "Verlockungen des Materialismus". Dieser ersticke echte geistige und kulturelle Werte. "Mögen die Christen dieser Nation eine großherzige Kraft für die geistige Erneuerung in allen Gesellschaftsschichten sein."

Es ist der erste Besuch eines Papstes in Südkorea seit 25 Jahren. Das Land ist stolz auf seinen rasanten wirtschaftlichen Aufstieg, offenbart aber zugleich tiefe soziale Risse.

Vor der Messfeier traf sich der Papst mit mehreren Überlebenden sowie Angehörigen von Opfern des Untergangs der Fähre "Sewol". Bei der Katastrophe im April vor der Küste kamen rund 300 Menschen ums Leben. Er werde ihre Geschichten im Gedächtnis behalten, sagte Franziskus nach Berichten der Nachrichtenagentur Yonhap den Familien.

Nach dem Gottesdienst traf sich der Papst mit Teilnehmern des sechsten Asiatischen Jugendtags, der der offizielle Anlass seines fünftägigen Besuchs in Südkorea ist. Zum Treffen mit dem Papst am Schrein von Solmae in Tangjin, dem Geburtsort des ersten koreanischen katholischen Priesters Andrew Kim Dae Geon, kamen nach Angaben von Teilnehmern rund 6000 Jugendliche.

"Nord- und Südkoreaner seien Brüder, die durch ihre Sprache vereint sind", sagte der Papst. Ihre Trennung könne durch Gebete überwunden werden.

China will Zusammenarbeit verbessern

China hat anlässlich der Asienreise des Papstes am Freitag angekündigt, sein Verhältnis zum Vatikan verbessern zu wollen. Peking suche einen "konstruktiven Dialog", um die Beziehungen voranzubringen, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunying, laut Staatsmedien.

Am Samstag wird der Papst in Seoul über 100 koreanische Märtyrer seligsprechen und am Montag eine Abschlussmesse für Frieden in der Region abhalten. (APA, 15.8.2014)