In den 80er-Jahren gab es einmal ein wildes, böses Rallyetier von Audi, das wurde ehrfurchtsvoll S1 genannt. Selbst unerschrockene Piloten wie Stig Blomqvist oder Walter Röhrl taten sich schwer, dieses gemeine Tier zu bändigen. Nun: Mit diesem Monster hat der neue S1 nichts zu tun und kaum etwas gemein.

Foto: audi

Der S1 von 2014 ist ein lieber Kleinwagen, dem das Logo des gefürchteten und legendären Rallyetiers von einst am Heck klebt. Man kann ihn streicheln und problemlos fahren. Zugegeben, er kann sehr flott unterwegs sein. Das soll das Können des S1 nicht schmälern. Auf kaum vier Metern sind ein Zweiliter-Turbo, 231 PS, Allradantrieb, ein aufwändiges Fahrwerk und sechs mit der Hand zu schlichtende Gänge verbaut. Das macht durchaus Spaß.

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Der A1, also die Basisvariante von Audi, ist ein schickes Wohlfühlauto, klein, geschmeidig und sehr auf Lifestyle getrimmt, er macht Frauen noch schöner und Männer zumindest sympathischer, wenn er ihre Sanftheit hervorstreicht. Der S1 ist nicht so spießig wie ein Polo oder ein Golf, aber fast schon ein wenig lieblich und jedenfalls wenig sportlich. Das passte Audi offenbar nicht so ganz in den Imagekram, also wurde ordentlich nachgeschärft und dem A1 Beine gemacht: S1 eben.

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Als Kutschchen für die eilige Kleinfamilie ist der S1 aber nur bedingt geeignet: Die Speibgefahr auf den Rücksitzen ist erheblich, der kurze Radstand, das harte Fahrwerk und die knackige Gangschaltung verleiten zu ruppiger Fahrweise, der Wagen ist insgesamt ein bisserl nervös.

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Das kann dem Fahrer und der Fahrerin Spaß machen, auf die Kleinen am Rücksitz wirkt das aber übelkeitsfördernd, und immerhin: 231 PS. Da schaut schon der Lebensabschnittspartner oder die -partnerin auf dem Beifahrersitz säuerlich, wenn man oder frau sich an die Möglichkeiten des S1 herantastet.

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Auch für die ganz lange Reise empfiehlt sich der S1 nur bedingt, irgendwann hört der Spaß auf und dann fehlt der Komfort. Das bescheidene Kofferraumvolumen lässt sich immerhin durch das problemlose Umklappen der Rücksitze beheben, sofern dort niemand sitzt.

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Ist erst einmal alles sicher verstaut, können die Grenzen des S1 ausgelotet werden: 231 PS für nur 1340 Kilogramm, wie sie der Sportback auf die Waage bringt, bedeuten jede Menge Agilität. Die 100 km/h sind in knapp sechs Sekunden erreicht, theoretisch geht's bis 250 km/h flott weiter.

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Um die Kraft auf die Straße zu bringen, sind der Allradantrieb und die neue Vierlenker-Vorderachse äußerst hilfreich. Im Sportmodus wird alles noch einmal straffer: Die Dämpfer werden hart, die elektronische Vorderachssperre hilft dabei, den Wagen auch um enge Ecken zu wuchten. Die Hände lässt man besser fest am Lenkrad, der S1 will streng geführt werden, das kann für den Piloten und die Pilotin bei forciertem Tempo zu Arbeit ausarten.

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Die Bremsen sind giftig, das ist hilfreich, trägt aber nicht zur Stimmungsaufhellung bei den anderen Insassen bei. Eigentlich sollte man den S1 lieber allein fahren. (Michael Völker, DER STANDARD, 14./15.8.2014)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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