Noch hält sich die türkische Regierung bedeckt. Doch die Chancen sind groß, dass die neue Gaza-Hilfsflotte mit dem antiisraelischen Wind aus Ankara im Rücken nach Nahost aufbricht und zum zweiten Mal Anlass für einen schweren diplomatischen Konflikt wird.

Der Sturm auf die Mavi Marmara im Mai 2010 mit neun türkischen Toten besiegelte das Ende der strategischen Beziehung zwischen der Türkei und Israel. Eine Normalisierung wird es nicht geben, solange er im Amt ist, hat der neu gewählte Präsident Tayyip Erdogan schon klargemacht. Die Gaza-Hilfsflotte kommt gerade recht, um den Anti-Israel-Populismus in der Türkei am Laufen zu halten.

Platz zum Differenzieren braucht dort kaum jemand. Dass Israels Seeblockade das Leben in Gaza abwürgt, die Lieferung humanitärer Hilfe verhindert und den Menschen im Gazastreifen das Recht auf Freizügigkeit und auf Kontakt mit der Außenwelt nimmt, ist eine Sache.

Dass man sicher keine Korridore in den Gazastreifen öffnet ohne Kontrollen und Abmachungen, ist die andere: Die palästinensische Hamas und andere Extremistengruppen haben die Zeit zwischen zwei Gazakriegen zur Aufmunitionierung mit Raketen verwendet. Für die türkische Regierung ist das ein Nichtthema und die Hamas eine sunnitische Befreiungsbewegung. Die Gaza-Hilfsflotte vom Bosporus könnte das "Einstandsgeschenk" des kommenden neuen türkischen Premiers werden. (Markus Bernath, DER STANDARD, 13.8.2014)