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Am Mittwoch mit einem Kurzauftritt beim Frequency, am Donnerstag ernstzunehmend in der Wiener Arena zu sehen: Conor Oberst.

Foto: APA/EPA/PETER KLAUNZER

Wien - Das Frequency-Festival ist lustig. Das weiß jede und jeder, die oder der einmal dort war. Und wenn es einmal gerade nicht lustig war, weil einem zum Beispiel der Typ aus dem Nachbarzelt in den Schlafsack gekotzt und in die Schuhe gebrunzt hat (was ja eigentlich eh total lustig ist), dann hat man bloß zu wenig getrunken. Doch, das stimmt. Man kann sich so ein Festival schöntrinken. Man muss nur wollen. Tausende werden es wollen, wenn am Mittwoch in St. Pölten das FM4-Frequency 2014 startet.

Für FM4 ist das klass, weil es das Festival mit seiner geilen Credibility branden darf. Damit und mit seiner begleitender Hofberichterstattung - alles immer voll super! - setzt es sich einerseits auf rund 150.000 Besucher drauf, wenn es aber Kritik am Festival gibt, putzt sich der Sender ab. Denn er hat ja nichts damit zu tun, programmatisch und von der Ehre her betrachtet.

Aber zugegeben, vor und nach ein paar modernen Getränken ist derlei Kleinkram den Besuchern ohnehin egal. Das Frequency dauert jedenfalls bis inklusive Samstag. Der Sonntag bleibt der Tag der Ernüchterung.

Heuer, um wieder auf das Lustige des Festivals zurückzukommen, heuer ist das Frequency noch lustiger als sonst. Kaum vorstellbar, aber doch. Und zwar amtlich. Denn es gibt einen eigenen Bereich, der dem Lustigen gewidmet ist: Die LOL-Stage.

LOL, das ist onlinisch und steht für die Lizenz zum Lachen. Wo LOL draufsteht, ist lustig drinnen, schwöre. Wobei auf dieser Bühne mit Helge Schneider und Maschek eigentlich hochseriöse Humorexperten auftreten. (Beim Dritten, Roland Düringer, weiß man es gerade nicht so genau). Vergleicht man das Programm dieser LOL-Stage - Bühne klingt so ungeil - mit jenem der Green- oder der Space-Stage, stellt der Musikliebhaber fest: Wer dort aller auftritt, das ist eigentlich ein Witz.

Am Leben lernen

Das Frequency hat 2001 als Musikfestival in der Wiener Arena begonnen. Im Jahr darauf bespielte man erfolgsverwöhnt bereits an zwei Tagen den Salzburgring, 2009 wanderte das Festival nach St. Pölten. Oberflächlich betrachtet, ist das Frequency immer noch ein Musikfestival. Hey, schließlich spielen da ja Bands sonder Zahl. Doch die Musik ist längst nur noch Begleiterscheinung eines Volksfests im Zeichen jugendlichen Übermuts. Und so eine Jugend kann heute verdammt lange dauern. Dagegen ist prinzipiell nichts zu sagen. Man lernt schließlich am Leben.

Doch die über die Jahre ansteigende Ausgelassenheit bescherte dem Festival bei Musikfreunden Sympathiewerte, die im Bereich von Geschlechtskrankheiten rangieren. Sogar von der Bühne herab wurde das schon bestätigt - von Trent Reznor (Nine Inch Nails), der das Frequency Publikum 2007 als "das übelste der ganzen Tour" bezeichnet hatte.

Derlei Diagnosen treffen natürlich immer auch aufrechte Fans, den das Festival prägenden Charakter können sie jedoch nicht ändern. Dazu kommt, dass die wegfallenden Erträge aus Tonträgerverkäufen das Livegeschäft gerade im Festivalsegment derart verändert haben, dass man oft ein Programm vorgesetzt bekommt, das mit Schwerpunkt Allgemeines gut beschrieben scheint.

Märchenbuch-Bands

Dieses reicht heuer vom Teenie-(Electro-)Pop einer Chlöe Howl über die wie ein Märchenbuch benamsten Imagine Dragons bis zum Hamburger Disco-Kaiser Jan Delay, der im Frühjahr mit Hammer und Michel das schlechteste Album seiner Karriere veröffentlicht hat. Er ist Hauptact am Donnerstag.

Große Namen tragen auch Queens of the Stone Age, die man mit ihrem Programm aber bereits in Wien sehen konnte, oder die unvermeidlichen Glamrocker Placebo. Deren Krug wurde wirklich hart getöpfert. Die kunstvoll abgetakelten Babyshambles wird man bestaunen können oder den angesagten Elektroniker Skrillex. Dazwischen parken scheinbar nur für den Festivalzirkus gegründete Bands wie Millencolin oder NOFX oder angesagte Indiebands wie Editors, Travis oder Gogol Bordello. Und ein paar dutzend mehr.

Interessant wird vielleicht, was Snoop Doggy Dog in seiner Reggae-Inkarnation als Snoop Lion schafft, ob es zu mehr reicht, als bloß zu einem weiteren LOL. (Karl Fluch, DER STANDARD, 13.8.2014)