Richard Prince reizt in seiner künstlerischen Arbeit US-amerikanische Klischees aus: Buick Grand National, verziert mit Männerfantasien im Kunsthaus Bregenz.

Foto: Markus Tretter

Bregenz - Das Ganze habe keine höhere Message, es wäre einfach nur "cooler Scheiß", sagt Richard Prince in Zusammenhang mit seiner ersten institutionellen Soloausstellung in Österreich. Im Erdgeschoß des bekanntlich nicht weniger coolen Kunsthauses weiß man auch gleich, was er damit meint: In der Mitte des Foyers steht ein amerikanischer Schlitten, den man wie bei einer Autoverkaufsschau von allen Seiten bewundern kann.

Vom Mustang ist zwar nur ein Teil der Karosserie übrig geblieben, aber dafür scheint es, als hätte sich das Kultauto einen (Be- ton-)Sockel einverleibt. Der 1949 in der Panamazone geborene Künstler bremst damit die üblichen Assoziationen rund um das von Freiheit und Abenteuer erzählende Auto genauso aus wie mit dem Namen, dem er diesem gegeben hat: Elvis heißt das gute Stück, das einem so bereits ein erstes Schmunzeln abringt.

Schließlich durchzieht diese Art der Ausreizung US-amerikanischer Klischees das gesamte OEuvre von Richard Prince, der in den 1970er-Jahren mit dem Abfotografieren von Werbeanzeigen begonnen hat. Waren es damals die Cowboys im Gefolge des Marlboro Man, sollten später die Girlfriends von Bikern oder auch die Serie der Nurses folgen.

Aneignen und Kopieren

Prince wurde damit zu einem wichtigen Begründer der Appropriation-Art, die sich dem Aneignen und Kopieren massenmedial vermittelter Bilder verschrieben hat. Durch die Aneinanderreihung in Hochglanzmagazinen gefundener "Typen" entlarvte er unter anderem die sich laufend wiederholenden Posen und Gesten. Sehr aufschlussreich zeigt das etwa auch die Fotoserie Four women looking in the same direction (1977).

In Bregenz geben zunächst die Billboards am Bodensee einen Vorgeschmack darauf, dass Prince nicht nur ein wichtiger Vorreiter der "Pirating" -Culture, sondern auch ein spannender Chronist US-amerikanischer Populärkultur ist: Schwarz-Weiß-Fotos zeigen Aufnahmen von Woodstock. Auf das Festival wird im Kunsthaus noch einmal referiert - mit einer Detailaufnahme jubelnder Hände und einer sich über mehrere Meter hinziehenden Wandarbeit.

Der Flower-Power-Bewegung entsprechend bildet darauf eine Blumenwiese den Hintergrund des Slogans 3 Days of peace & music, während man auf dem Buick Grand National gleich daneben die trashigen Applikationen barbusiger, teils bewaffneter Girlfriends sieht.

Prince erweist sich damit einmal mehr als Meister im Erzeugen von Ambivalenzen, auch wenn er gleichzeitig ein unübersehbares Faible für den "One-Liner" hat: Da wäre etwa die Installation mit den vier Autotüren, die The Doors heißt, der Mittelfinger, auf dem eine Goldtröte steckt, oder die großformatige Leinwand, auf der man beim Nähertreten die Reproduktion eines leeren Schecks des LSD-Papstes Timothy Leary entdeckt.

Prince spielt sehr unterhaltsam mit den Versatzstücken einer machistischen Welt, wobei er sich bevorzugt der Ästhetik des "White Trash" bedient: Neben mehreren ausgeweideten Autos oder einem als Blumentopf dienenden Lkw-Reifen sieht man allerdings auch feine geometrische Abstraktionen, Auseinandersetzungen mit Darstellungen der Musikrichtung Doo Wop oder ein türkisfarbenes Gemälde in Buchform, dessen Titel - Ulysses - sein populärkulturelles Umfeld beinah hintertreibt.

Schließlich geht die Unterhaltung gleichzeitig auch auf einem niederschwelligeren Niveau weiter: "My wife. I tell ya my wife likes to talk during sex. Last night she called me from a motel" - steht da in schwarzen Lettern auf einemgroßen Bild. Die durchwegs sexistischen Witze stammen ursprünglich aus dem Archiv des Comedian Rodney Dangerfield (1921- 2004) und erinnern sofort an sämtliche amerikanische Sitcoms, selbst wenn man sich die Lacher aus der Konserve hier gespart hat. (Christa Benzer, DER STANDARD, 13.8.2014)