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Ganz in Weiß und ohne Nummernschilder starteten am Dienstag nahe Moskau 280 Lastwagen mit Hilfsgütern für die Ukraine. Kiew fürchtet eine neue Moskauer Provokation.

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Vor der Abfahrt in Alabino bei Moskau: Ein orthodoxer Priester segnet die Lastwagen.

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Durch Artilleriebeschuss zerstörtes Haus in Luhansk.

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Kiew/Moskau - Ausgangspunkt ist das Dorf Alabino, südlich von Moskau. Nebenan auf dem Truppenübungsplatz läuft der Panzer-Biathlon, ein vom russischen Militär unter reger Anteilnahme der staatlichen Medien zelebrierter Schuss- und Geländegängigkeitswettbewerb. Doch das Ziel dieser Mission sei absolut friedlich, betont der Kreml: 280 weiße Lkws vom Typ "Kamaz" machen sich mit 2.000 Tonnen an Hilfsgütern auf den Weg in die Ukraine.

Die Kolonne setzt sich noch vor dem Morgengrauen in Bewegung - nicht aus Geheimhaltungsgründen, sondern um das alltägliche Stauchaos vor der russischen Hauptstadt nicht zusätzlich zu vergrößern. Schnell wird der Lkw-Tross freilich ohnehin nicht unterwegs sein. Am Mittwoch brach der Konvoi nach einer Nacht im russischen Woronesch Richtung ukrainische Grenze auf.

Dort ist das Misstrauen allerdings wohl noch größer als der von Russland bestückte Hilfskonvoi: 400 Tonnen Getreide, 100 Tonnen Zucker, 62 Tonnen an Kindernahrung, aber auch medizinisches Gerät, tausende Schlafsäcke und Stromaggregate sind nach offiziellen Angaben auf den Lkws. Das alles könnte die notleidende Bevölkerung in der Donez-Region dringend gebrauchen, doch Kiew fürchtet, dass sich hinter der Babynahrung auch Kalaschnikows und andere Waffen für die Rebellen verstecken.

Um die von Präsident Wladimir Putin erst am Montag in einem Telefonat mit Barack Obama angekündigte Hilfslieferung gibt es böse Spekulationen: Obama warnte ebenso vor einer als humanitäre Mission getarnten Intervention wie EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Selbst in Russland wird der Konvoi von Politologen wie Oleg Kudinow als Vorbote einer "Blauhelmmission" gesehen, die das Land teilt.

Stopp an der Grenze

Russlands Außenminister Sergej Lawrow betonte, dass die Hilfslieferungen mit allen Seiten abgesprochen seien. Bei der gewählten Route kam Moskau der Forderung Kiews nach, die Güter über einen vom ukrainischen Militär bewachten Grenzübergang im Gebiet Charkiw zu schicken. Freilich stimmte die ukrainische Führung der russischen Hilfsmission endgültig erst einen halben Tag nachdem die Lkws abgefahren waren zu. Weil Kiew eine Provokation befürchtet, werden die Lkws an der Grenze gestoppt und die Fracht umgeladen.

"Diese Güter werden auf andere Transportmittel, die das Rote Kreuz anmietet, verladen. So verhindern wir eine Begleitung durch den russischen Katastrophenschutz oder irgendwelche anderen militärischen Einheiten. Alles geschieht unter Kontrolle der ukrainischen Seite. Die Ukraine übernimmt die Verantwortung für die Sicherheit der humanitären Hilfe", verkündete der Vizechef der ukrainischen Präsidialadministration die Haltung Kiews.

Das Internationale Rote Kreuz hat Moskau bereits um eine vollständige Liste der Hilfsgüter gebeten. Der Kreml hat sich zur Forderung Kiews nach einer Übernahme der Güter Dienstagabend verhalten geäußert.

Die Beziehungen zwischen Moskau und Kiew sind äußerst gespannt. Am Dienstag hat die Rada in einer ersten Lesung eine Reihe antirussischer Sanktionen verabschiedet, die nicht nur die Tätigkeit von Firmen, sondern auch den Transit russischen Gases und die Arbeit russischer Journalisten in der Ukraine gefährden. Moskau fordert von Kiew die Freilassung des Fotokorrespondenten Andrej Stenin. Das ukrainische Außenamt wiederum nannte den für Donnerstag geplanten Auftritt Putins auf der Krim vor Parlament und Regierung "inakzeptabel". (André Ballin, DER STANDARD, 13.8.2014)