Nein, kein Flughafen, sondern ein ganz einfacher Badestrand in Beidaihe. Die Nähe zur KP-Nomenklatura macht neuerdings Sicherheitskontrollen nötig.

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Xi Jinping will seine Antikorruptionskampagne fortführen.

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Angela Merkel steht in Beidaihe derzeit hoch im Kurs - zumindest setzt sie der 60-jährige Straßenkünstler Lu Qin an die erste Stelle seiner Galerie der Weltführer. Lu ist unter den Künstlern von Beidaihe, wo sich Chinas Nomenklatur jeden August zur politischen Sommerfrische trifft, am längsten dabei. Er kam vor 30 Jahren und hat schon viele Funktionäre vorbeischlendern gesehen.

Zuletzt stieg die Nervosität gewaltig an. Zugänge zum Strand wurden gesperrt, wo Minister und andere hohe Funktionäre in staatlichen Gästehäusern oder Sanatorien Urlaub machen wollen. Vier Marineschiffe bewachen die Bucht. Selbst unbedarfte Touristen spüren die verschärften Maßnahmen: Die Eingänge zu ihren Badestränden werden durch elektronische Schleusen gesichert.

Xi will weitermachen

Ende Juli hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping die Tagesordnung für das informelle Gemauschel in Beidaihe festgelegt. Wichtigster Punkt: Die Parteispitze soll sich darüber verständigen, wie es mit der Antikorruptionskampagne nach dem Sturz von Zhou Yongkang weitergeht. Kürzlich hatte man den Daumen über den früheren Polizeizaren gesenkt. Bis 2012 war er noch einer der höchsten Funktionäre des Landes. Xi ließ den zur Strecke gebrachten "Tiger" bei Bekanntgabe der Anklage nicht einmal mehr "Genossen" nennen.

Hinter den Kulissen fliegen im innerparteilichen Machtkampf die Fetzen. Xis Gegner wollen die Antikorruptionskampagne beenden. Doch Xi will "ohne Rücksicht auf Leben oder Tod, auf Ansehen und Ruf meiner Person" weitermachen. Offiziell geben sich freilich alle loyal zu Xi.

Die Volkszeitung meinte, eine bloß "kampagnenartige" Bekämpfung der Korruption löse das Problem nicht. Im Herbst müsse es daher beim ZK-Plenum darum gehen, die bisherige Kampagne zu institutionalisieren und zu verrechtlichen. Optimisten wie die Herausgeberin der Reformzeitschrift Caixin, Hu Shuli, oder der bekannte Sozialwissenschafter Sun Liping von der Tsinghua-Universität meinen, der kommende Parteitag könne ein Wendepunkt sein; ein Neustart, um neben rechtlichen und wirtschaftlichen auch politische und soziale Reformen einzuleiten.

Aushöhlung der Justiz

Kritiker zählen auf, was dagegen spricht: Tausende Willkürfestnahmen und Bestrafungen würden zeigen, dass Xi sich zu einem autoritären Alleinherrscher entwickelt. Chinas Rechtssystem werde nicht verstärkt, sondern immer mehr ausgehöhlt.

Chinas abgeschirmte Führung mischt zwar parteiintern die Karten in Beidaihe neu, gewährt aber niemandem Einblick in ihre Entscheidungen. An den Stränden scheint das dem Volk vordergründig egal zu sein. Doch viele stellen die Frage: "Wer wird wohl der nächste korrupte Tiger sein?" (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 12.8.2014)