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Psychologin Sylvia Wamser während eines Einsatzes in Gaza. Sie wird in den kommenden Tagen nach Sierra Leone reisen.

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Es geht um Hilfe für die Helfer in einem von Ebola betroffenen Gebiet in Sierra Leone: Die Grazer Psychologin Sylvia Wamser wird in den kommenden Tagen in die Stadt Bo reisen, um dort primär den einheimischen Beschäftigten in einem Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen (MSF) eine psychologische Hilfestellung anzubieten.

Große Belastungen

Die Organisation betreibt in Bo seit Jahren ein großes Spital. Dort sind auch viele lokale Mitarbeiter tätig, die in der aktuellen Situation großen Belastungen ausgesetzt sind. "Bei Bedarf an psychologischer Unterstützung soll ich primär diesen Betroffenen helfen. Wenn akut auch bei Helfern aus dem Ausland Bedarf entsteht, genauso", sagte die Grazerin, die seit 2005 hat in mittlerweile zehn Staaten Einsätze für MSF geleistet hat.

Das Krankenhaus ist für ein breites Spektrum an Patienten zuständig, hat aber auch Erfahrung mit der Behandlung von Kranken mit hämorrhagischen Fiebererkrankungen. "Vor allem ist es auch spezialisiert auf die Triage. Das bedeutet, dass dort eintreffende Patienten, zum Beispiel Ebola-Erkrankte, an spezialisierte Einrichtungen weiter geleitet werden", erklärt Wamser.

Der Einsatz der Steirerin soll drei Wochen lang dauern. Die Reise geht zunächst nach Brüssel, wo ein intensives Briefing bei MSF und die Erledigung der Visa-Formalitäten auf dem Programm stehen. Wahrscheinlich kommenden Mittwoch soll die Weiterreise nach Freetown, die Hauptstadt von Sierra Leone, erfolgen.

Überblick verschaffen

"Zunächst wird es einmal darum gehen, dass ich mir einen Überblick über den Bedarf an psychologischer Hilfe für die Beschäftigten verschaffe. Wichtig ist, dass man einen guten Dolmetscher bekommt. Viele Leute, aber nicht alle, sprechen Englisch. Gerade in der Arbeit als Psychologin ist es aber wichtig, mit den Menschen über die Muttersprache zu kommunizieren", sagte die MSF-Helferin.

Doch am bedeutendsten sei das Herstellen eines Vertrauensverhältnisses. "Die Menschen, denen man psychologische Unterstützung anbietet, müssen sich klar auf Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verlassen können." Das gelte auch für den Dolmetsch und andere an dem Angebot Beteiligte. Jene Personen, an die sich das Angebot richtet, müssen auch wissen, dass eine eventuelle Inanspruchnahme der psychologischen Unterstützung für sie nicht mit einem Nachteil enden kann.

Ressourcen aktivieren

Die Belastungen, denen das Personal in dem Krankenhaus in Sierra Leone ausgesetzt sind, sind groß. Ebola bedeutet als nicht ursächlich behandelbare Erkrankung mit einer hohe Mortalität zusätzlichen Stress. Aus ihrem sechs Monate dauernden Einsatz in Guinea vor wenigen Jahren weiß die Psychologin, dass es in der Region verschiedene Ethnien, unterschiedliche Religionen, Gewohnheiten und Aberglauben gibt, welche eine zusätzliche Herausforderung für die Arbeit darstellen.

In Bo wird Sylvia Wamser Beschäftigten des Krankenhauses, die sich wegen psychologischer Hilfe bei ihr melden, zunächst Gruppengespräche anbieten. "Es geht darum, dass diese Menschen wieder zu psychischen Kräften kommen. Immer mehr setzt man dabei auf die Aktivierung der eigenen Ressourcen, die sie wieder nutzen sollen, damit es ihnen wieder besser geht." Im Endeffekt lässt sich das – auf der Ebene der westlichen Industriestaaten – mit "Burn-out" und dessen Prophylaxe vergleichen. Doch die Situation in den Armenhäusern Afrikas ist im Grunde ohne Vergleich.

Vorsichtige Annäherung, Rücksicht in Verhalten und Kleidung und andere Rahmenbedingungen sollen der Psychologin helfen, in Bo bald in ausreichend nahen Kontakt zu kommen und das Vertrauen der potenziell Hilfsbedürftigen zu erhalten. "Ich habe den Vorteil, weißhaarig und etwas älter zu sein. In Afrika und in asiatischen Ländern gibt mir das einen Vorschuss an Vertrauen", sagt Wamser.

Keine Angst

Und wenn zu ihr manche Bekannte in den vergangenen Tagen gesagt hätten "Dorthin würde ich jetzt nicht fahren", antwortet sie, dass sie sich nicht als gefährdet sieht. Mangelndes Wissen und mangelnde Information würden die Menschen in Sachen Ebola verunsichern und Angst machen. Das gelte durch manche Medienberichte auch in Europa.

Ärzte ohne Grenzen betreibt in Guinea zwei Ebola-Behandlungszentren: Eines in der Hauptstadt Conakry, und ein weiteres in Gueckedou, im Südwesten des Landes wo der Ausbruch seinen Ursprung hatte. Derzeit sind in Guinea 31 internationale und 300 guineische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Einsatz.

Das Behandlungszentrum in Sierra Leone an der Grenze zu Guinea besteht jetzt aus 80 Betten. Derzeit sind in Sierra Leone 26 internationale und 300 sierra-leonische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Einsatz. In Liberia sind derzeit neun ausländische und zehn inländische Mitarbeiter von MSF tätig. Die Situation ist dort Berichten zufolge völlig unübersichtlich. (APA, derStandard.at, 11.8.2014)