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Weltrekord-Inhaber Renaud Lavillenie will in Zürich seinen dritten EM-Titel erspringen.

Foto: EPA/FLAURAUD

Zürich - "Die Fans sind so nah dran und flippen aus. Diese Energie sauge ich förmlich auf." Usain Bolt läuft gerne im Letzigrund zu Zürich. Es gilt als das Mekka der Leichtathletik. Die Europameisterschaft zwischen 12. und 17. August muss aus geografischen Gründen ohne den Jamaikaner auskommen.

"Das Stadion ist ein Mythos", sagte der deutsche Diskus-Olympiasieger Robert Harting. 2006 wurde die Arena für die Fußball-EM 2008 umgebaut. Viele Traditionalisten sagen, das Stadion habe dadurch an Charme eingebüßt. Der Ort bleibt jedenfalls ein geschichtsträchtiger. Beim Meeting "Weltklasse Zürich" geben sich die Stars jährlich ein Stelldichein. 25 Weltrekorde wurden im Letzigrund bisher aufgestellt. Für die ersten beiden zeichnete der Deutsche Martin Lauer 1959 verantwortlich. 13,2 Sekunden benötigte er über 110 m Hürden, 22,5 Sekunden über 200 m Hürden. Ein Jahr später lief Armin Hary die 100 Meter in 10,0 Sekunden. 1997 fielen durch Haile Gebrselassie (5000 m), Wilson Kipketer (800 m) und Wilson Boit Kipketer (3000 m Hindernis) gleich drei Bestmarken an einem Abend.

Europas Stars

Ob bei der anstehenden Leichtathletik-EM, die zum 22. Mal, aber erstmals in Zürich, ausgetragen wird, weitere Weltrekorde dazukommen, ist nicht sehr wahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Einige Stars fehlen, Stabhochspringer Renaud Lavillenie ist dabei. Der Franzose löste im Februar mit 6,16 m den Langzeitinhaber Sergej Bubka als Weltrekordhalter ab. Ebenfalls vor Ort: Mo Farah. Der britische Doppelolympiasieger (5000 und 10.000 m) von London 2012 hat die Commonwealth Games krankheitsbedingt ausgelassen, auch um sich voll auf die EM zu konzentrieren.

Bogdan Bondarenko hat in Zürich Großes vor. Der lange ukrainische Hochspringer kam dem 21 Jahre alten Weltrekord des Kubaners Javier Sotomayor (2,45 m) mit 2,42 m schon sehr nah. Die EM sei wie eine WM, sagte der 24-jährige amtierende Weltmeister, weil die Konkurrenz in seiner Disziplin so stark sei. Dessen Landsmann Andrij Prozenko und die beiden Russen Iwan Uchow und Alexej Dimitrik sind heuer schon 2,40 m oder höher gesprungen. "Ich glaube, es ist am besten, wenn viele Springer den Weltrekord anpeilen. Das ist dann eine gute Show für die Leute."

25.000 fasst das Stadion während der EM, in dem sich neben den Stars der Leichtathletik auch schon die Rolling Stones, Robbie Williams, Madonna, Bruce Springsteen oder U2 die Ehre gegeben haben.

Dazulernen

"Die Leute dort wissen einfach, wie man so große Veranstaltungen aufzieht", sagt Andreas Vojta, noch kein großer Star der Leichtathletik, aber einer der aussichtsreichsten österreichischen Teilnehmer in Zürich. 13 Athleten hat der ÖLV entsandt. Um drei mehr als 2012 nach Helsinki. Der Edelmetall-Ertrag wird wohl der gleiche sein, wie in Finnland: Null. Für die letzte österreichische EM-Medaille sorgte Stephanie Graf mit Bronze über 800 m 1998.

1500-m-Läufer Vojta hofft bei seiner dritten Freiluft-EM-Teilnahme auf tolle Stimmung und besonders schnelle Beine. Ein Finaleinzug ist ihm zuzutrauen. Edelmetall eher nicht.

100-m-Hürden-Läuferin Beate Schrott verpasste in Helsinki Bronze nur um eine Hundertstelsekunde. Heuer war die Niederösterreicherin, Olympia-Finalistin 2012, aber verletzungsbedingt lange Zeit außer Gefecht.

Für die meisten ÖLV-Teilnehmer gilt das Motto: Erfahrung sammeln. Sechs geben ihr Debüt bei Europameisterschaften, vier sind nicht älter als 23 Jahre.

Die Geschichten aus dem Leichtathletik-Mekka Zürich kennen sie vom Hörensagen und von Bildern. Zehnkämpfer Dominik Distelberger glaubt an eine "super Atmosphäre". Bei Speerwerferin Elisabeth Eberl sorgten die Erzählungen ihres Trainers Gregor Högler für große Vorfreude. "Wenn er darüber spricht, leuchtet sein Gesicht." Und 400-m-Hürden-Läufer Thomas Kain kriegt "immer so ein leichtes Grinsen", wenn er daran denkt, bald auf die Züricher Laufbahn zu stehen.

Bei der Eröffnungsfeier singt übrigens der Schweizer DJ Bobo. Es kann nicht immer Robbie Williams sein. (sid, APA, rie, DER STANDARD, 11.8.2014)