Mexiko-Stadt - Künftig dürfen auch ausländische Privatunternehmen in der bisher streng regulierten mexikanischen Erdölbranche mitmischen. Während Investitionen in moderne Technik lange versäumt wurden, ist Mexiko nun auf Geld und Fachwissen angewiesen.

In den Rechtsabteilungen der internationalen Ölmultis dürften derzeit Sonderschichten geschoben werden. Mexiko öffnet seine Energiebranche für ausländische Unternehmen, womit erstmals Privatfirmen in den lukrativen Sektor einsteigen können. Ob sich das Abenteuer Mexiko für ExxonMobil, Shell, BP und Co. aber auch wirklich lohnen könnte, werden die Juristen wohl erst nach der Lektüre des Kleingedruckten entscheiden.

Ausverkauf befürchtet

Der Kongress in der Hauptstadt Mexiko billigte nun die Ausführungsgesetze zur Energiereform. Bereits um die nötige Verfassungsänderung Ende vergangenen Jahres war leidenschaftlich gestritten worden. Auch bei der Diskussion um die Sekundärgesetzgebung feilschte die Regierungsmehrheit mit der linken Opposition um jeden Absatz.

Die Gegner der Reform befürchten einen Ausverkauf der nationalen Bodenschätze. Der Staatskonzern Pemex ist der wichtigste Devisenbringer des Landes und seit der Enteignung der ausländischen Ölkonzerne 1938 ein Symbol der nationalen Unabhängigkeit.

"Da wird öffentliches Eigentum zu privatem Eigentum gemacht und das soll uns allen nutzen?", sagte beispielsweise der Historiker Lorenzo Meyer kürzlich in einem Radiointerview und sprach damit jenen Punkt an, der viele Mexikaner nicht überzeugt.

Keine echte Privatisierung

Eine echte Privatisierung sieht die Reform allerdings nicht vor. Die Erdöl- und Gasreserven bleiben in staatlicher Hand. Angestrebt werden vielmehr Joint Ventures zwischen Pemex und ausländischen Unternehmen, in denen Risiko und Gewinn bei der Erschließung neuer Energievorkommen oder der Modernisierung von Raffinerien geteilt werden.

Auch Pemex selbst soll unabhängiger wirtschaften dürfen. Führt der Staatskonzern bisher 80 Prozent des Gewinns an den Fiskus ab, sollen es künftig nur noch 65 Prozent sein. Das verschafft dem Unternehmen Spielraum für dringend nötige Investitionen.

Die Erlöse der Erdölgeschäfts fließen in Zukunft in einen Fonds, der wiederum Wissenschafts-, Technik- und Infrastrukturprojekte finanzieren soll. Zudem werden die Pensionsansprüche der ehemaligen Pemex-Mitarbeiter auf den Staat übertragen. Die Rückstellungen von derzeit 1,7 Billionen Pesos (95,59 Mrd. Euro) schnüren Pemex zunehmend die Luft zum Atmen ab.

Zehn Milliarden Dollar pro Jahr erhofft

Von der Öffnung erhofft sich das Energieministerium private Investitionen von mindestens 10 Mrd. US-Dollar (7,47 Mrd. Euro) im Jahr. Zudem rechnet die Regierung mit 2,5 Millionen zusätzlichen Arbeitsplätzen bis 2025. Die Liberalisierung soll außerdem die zuletzt schleppende Konjunktur ankurbeln. Für 2018 wird ein zusätzlicher Prozentpunkt Wirtschaftswachstum prognostiziert, bis 2025 zwei Prozentpunkte.

Eine Reform hat der bisher streng regulierte mexikanische Energiesektor dringend nötig. Das massive Abschöpfen der Gewinne hat Pemex langsam ausbluten lassen. Jahrzehntelang wurde kaum in moderne Technik investiert, bei anspruchsvollen Förderverfahren wie Tiefseebohrungen oder der Nutzung von Schiefergasvorkommen hinkt Pemex hinterher. Die Erdölförderung ging von täglich 3,4 Millionen Barrel im Jahr 2004 auf zuletzt 2,5 Millionen Barrel zurück.

Auch bei der Effizienz liegt der Staatskonzern weit hinter der internationalen Konkurrenz zurück. Jeder Mitarbeiter erwirtschaftet gerade einmal ein Viertel des Umsatzes, den ein Beschäftiger des britischen Öl-Giganten BP generiert, wie aus einer Studie des Baker Institute an der Rice University in Houston hervorgeht. (APA, 10.8.2014)