Freetown/Conakry/Monrovia - Aus Furcht vor einer weiteren Ausbreitung der Ebola-Epidemie sind am Wochenende die Sicherheitsvorkehrungen in Westafrika und darüber hinaus verschärft worden. Während Nigerias Behörden Freiwillige zur Hilfe riefen, um der Krise Herr zu werden, verstärkten Nachbarstaaten und selbst weiter entfernte Länder wie Indien ihre Grenzkontrollen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnet frühestens 2015 mit der Einführung eines Impfstoffs gegen die bisher unheilbare Krankheit. Nach der Ausrufung des nationalen Notstands in Nigeria wächst die Sorge vor einer Ausbreitung der Ebola-Epidemie in der 20-Millionen-Metropole Lagos. Die Behörden des bevölkerungsreichsten afrikanischen Staats verwiesen auf einen Personalmangel und baten Freiwillige am Samstag in einem Fernsehappell, bei der Eindämmung der Seuche mitzuhelfen. Im Gegenzug wurden ihnen Anreize wie eine Lebensversicherung in Aussicht gestellt.

Sofortprogramm

Mithilfe eines 8,7 Millionen Euro schweren Sofortprogramms sollen nun unter anderem zusätzliche Quarantänestationen und Grenzkontrollen finanziert werden. Nach Guinea, Liberia und Sierra Leone war Nigeria das vierte Land in Westafrika, in dem sich das Virus ausbreitete. Von bisher neun Infizierten sind dort zwei gestorben. Insgesamt starben nach WHO-Angaben bisher mindestens 961 Menschen an dem durch Körperflüssigkeiten übertragenen Erreger, fast doppelt so viele wurden infiziert.

Die US-Gesundheitsbehörde CDC entsandte zusätzliches Personal nach Lagos, um ihre bereits 200 Experten in den Ebola-Gebieten zu unterstützen. Die christliche Hilfsorganisation Samaritan's Purse fürchtet eine Verschlimmerung der Lage in spätestens drei Wochen, da die Inkubationszeit von Ebola zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit normalerweise 21 Tage beträgt.

Provinz komplett abgeriegelt

Die WHO hatte die Ebola-Epidemie in Westafrika am Freitag zum internationalen Gesundheitsnotfall erklärt. In Liberia wurde daraufhin der Zugang zu den besonders betroffenen Gebieten im Landesnorden gesperrt und die Provinz Bomi von der Armee komplett abgeriegelt. Dort drohe nun besonders armen Menschen der Hungertod durch steigende Lebensmittelpreise, warnte Bomis Senator Sando Johnson.

Guinea will seine Landesgrenzen mit den beiden anderen meistbetroffenen Staaten Liberia und Sierra Leone zwar nicht komplett schließen, aber strikter als bisher kontrollieren, wie ein Regierungssprecher sagte. Die Regierung des Tschad strich unterdessen alle Direktflüge aus Nigeria.

Flughafenaufseher in Indien alarmiert

Auch in Indien, dem bevölkerungsreichsten Land der Erde nach China, wurden die Flughafenaufseher in Alarm versetzt. Laut Gesundheitsminister Harsh Vardhan werden inzwischen "die modernsten Überwachungs- und Ortungssysteme" eingesetzt. Da fast 45.000 Inder in den vier westafrikanischen Epidemieländern leben, könnte eine Ebola-Ausbreitung verheerende Folgen für das Schwellenland mit 1,25 Milliarden Bewohnern haben.

Zwar gibt es weder Medikamente noch Impfstoffe gegen das tödliche Virus, doch hofft die WHO schon für kommenden Monat auf den Beginn klinischer Tests mit einer vom britischen Pharmaunternehmen GSK entwickelten Schutzimpfung. Sollten die Tests in den USA "und sicher auch in einem betroffenen afrikanischen Staat" erfolgreich sein, ließe sich die weitere Zulassungsprozedur angesichts der Notsituation verkürzen, sagte der für die Impfungen zuständige WHO-Abteilungsleiter Jean-Marie Okwo Bele dem französischen Radiosender RFI. Es bestehe Hoffnung, dass "wir schon im Laufe des kommenden Jahres im Besitz eines Impfstoffs sein könnten".

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erklärte am Sonntagmorgen, ein Verdachtsfall in Deutschland habe sich nicht bestätigt. Entwarnung wurde auch in Kanada gegeben sowie in Saudi-Arabien, wo Anfang Oktober Millionen Muslime aus aller Welt zum islamischen Pilgerfest Hadsch erwartet werden. In Ghana und Benin wurden weitere Verdachtsfälle geprüft. (APA/dpa, 10.8.2014)