Ankara/Athen - Die türkische Regierung will nach der Erfahrung mit Syrien eine Flüchtlingswelle aus einem zweiten Nachbarland abwenden und kündigte den Bau eines Flüchtlingslagers in der nordirakischen Grenzregion Dohuk an. 40.000 Menschen könnten dort behelfsmäßig untergebracht werden, erklärte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu nach einem Krisentreffen mit der Armeeführung in Ankara.

In der Türkei sind bereits mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien, was zu zunehmenden Spannungen mit der türkischen Bevölkerung führt. Davutoglu betonte besonders, dass die türkische Armee mit Helikoptern Hilfspakete für die nicht-muslimischen Jesiden abgeworfen habe, die in den Bergen um Sinjar im Nordirak ausharren. Der türkische Premier Tayyip Erdogan, der sich am Sonntag zum Staatschef wählen lassen will, hatte zuletzt bei Wahlkampfauftritten bewusst auf Antipathien gegen Aleviten und Armenier gesetzt.

Die "Zwei-Prozent-Panik"

Die geringe Teilnahme der Auslandstürken an der Präsidentenwahl - nur acht Prozent gaben ihre Stimme ab - bereitet dem Führungszirkel um Erdogan Kopfzerbrechen. Die regierungskritische Zeitung Taraf schrieb von einer "Zwei-Prozent-Panik", die in der AKP um sich gegriffen habe: Ohne massives Votum der Türken im Ausland fehlten Erdogan am Sonntag möglicherweise zwei Prozent zu einem Sieg; der Premier könnte allenfalls 48 Prozent erreichen und müsste in die Stichwahl zwei Wochen später gehen, was als Niederlage gälte. Entscheidend wird bei der ersten direkten Wahl eines türkischen Staatschefs sein, ob die Opposition ihre Wähler mobilisieren kann. Viele säkulare Türken sind nicht mit dem Oppositionskandidaten Ekmeleddin Ihsanoglu einverstanden. (Markus Bernath, DER STANDARD, 9.8.2014)