Wien - Sachverständige, die nicht befugt sind, Gutachten für eine Umweltverträglichkeitsprüfung abzugeben oder zuerst im Auftrag des Bauherrn und Antragstellers ÖBB-Infrastruktur tätig waren und dann im Auftrag der Obersten Eisenbahnbehörde im Verkehrsministerium ihr eigenes Gutachten begutachten: Die UVP für den Semmeringbasistunnel ist ebenso reich an Unverträglichkeiten und Widersprüchen, wie der Tunnel umstritten ist.

In der Nacht auf Mittwoch endete die Einspruchsfrist für den vom Verkehrsministerium Mitte Juni erlassenen neuen Bescheid. Er wird beim Bundesverwaltungsgericht zumindest von zwei Parteien bekämpft: Der Bürgerinitiative "Stopp den Bahn-Tunnelwahn" und der Natur- und Landschaftsschutzorganisation Alliance for Nature. Daneben wurden im Rahmen dieser teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren auch Wasserrechtsbescheide in Niederösterreich und der Steiermark bekämpft sowie Lärmimmisions- und Enteignungsbescheide.

Deponie Longsgraben scheidet Geister

Insbesondere die Deponie Longsgraben scheidet die Geister, ihre Baugenehmigung wurde - wie der gesamte UVP-Bescheid für den SBT - vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben. Wie auch der Versuch, beim steirischen Landesverwaltungsgericht eine Art Ersatzenteignungsbescheid zu bekommen, misslungen ist.

Der ebenfalls mit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfte niederösterreichische Wasserrechtsbescheid wurde zwischenzeitlich per 30. Juni 2014 zwar vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung bestätigt. Hebt der VwGH den Ursprungsbescheid aber auf, dürfte dies den Landesbeamten eher nicht zur Ehre gereichen.

Als Natur- und Wasserschutzgebiet und Unesco-Weltkulturerbe kommt dem Semmeringbasistunnel unter den drei umstrittenen Bahntunnels eine Sonderstellung zu. 38 Millionen Liter Wasserabfluss täglich, so fürchten Umweltschützer, würden die Gebirgslandschaft auf Dauer massiv verändern und gefährden. Was die Tunnelbetreiber bestreiten.

Als wichtigster Verfahrensmangel wird das sogenannte Eisenbahnbaurechtliche Gutachten gesehen. Es sieht - wie vom Verfassungsgerichtshof extra aufgetragen - vor, dass die Eisenbahnbehörde im Ministerium nicht gutgläubig das zusammenfassende Gutachten der ÖBB übernehmen darf, sondern selbst prüfen muss.

Diese Prüfung auf inhaltliche Richtigkeit fehlt auch im neuen UVP-Bescheid. (ung, DER STANDARD, 7.8.2014)