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Rudi Anschober feilt an seiner beruflichen Zukunft.

Foto: APA/Pfarrhofer

STANDARD: Peter Pilz sorgt mit einem Blog-Eintrag über "die Dummheit Israels" für Aufregung. Konkret fordert Pilz EU-Sanktionen gegen Israel im Rüstungsbereich. Ist dies das neue grüne Sicherheitskonzept?

Anschober: Nein, auf keinen Fall. Es ist die persönliche, politische Meinung von Peter Pilz - meine ist es nicht. Und ganz klar: Die Meinung der Grünen ist es auch nicht.

STANDARD: Braucht es jetzt Sanktionen gegen Peter Pilz?

Anschober: Die Grünen zeichnen sich auch dadurch aus, dass es eine große Meinungs- und Denkfreiheit gibt. Diskussionsbeiträge müssen erlaubt sein.

STANDARD: So locker hat man es innerhalb der Partei aber nicht immer mit der Meinungsfreiheit genommen - ich darf Sie an diverse Aussagen des grünen Bundesrates Efgani Dönmez erinnern, die für heftigen Wirbel gesorgt haben.

Anschober: Den Freiraum gibt es bei uns. Der Beweis dafür ist ja Efgani Dönmez. Manche Äußerungen von ihm sind ja auch durchaus erfrischend. Allerdings hat er mit der letzten Aussage, Burkaträgerinnen und ihren Familien keine Sozialleistungen mehr zukommen zu lassen, eindeutig eine Grenze überschritten. Was ich ihm auch ganz klar gesagt habe. Aber für Querdenker gibt es bei uns grundsätzlich Platz.

STANDARD: Dennoch sind die "jungen Wilden" heute nicht mehr die Grünen. Junge Parteien drängen nach. Warum hat man sich dem politischen Establishment angepasst?

Anschober: Das hat nichts mit einer Angepasstheit zu tun. Außerdem: Auch ich fühle mich noch jung und wild, etwa wenn die notwendige Energiewende schlecht gemacht oder verhindert wird. Aber die Durchsetzung von politischen Inhalten fällt dann leichter, wenn man zuerst intern über Positionen diskutiert und dann gemeinsam eine politische Position vertritt. Das haben wir gelernt und machen das professioneller als noch vor etlichen Jahren.

STANDARD: In der Asyldebatte läuft man wieder einmal der Quote nach und diskutiert über nötige Quartiere. Was braucht es Ihrer Meinung nach für eine vernünftige Lösung?

Anschober: Wir dürfen jetzt auf keinen Fall zur Tagesordnung übergehen. Es muss endgültig Schluss sein mit dem ständigen Gegeneinander von Bund und Ländern. Es ist ein Unterschied zwischen dem Stil der öffentlichen Debatte und dem, was dann tatsächlich vor Ort vielfach gelebt wird. Es gibt großartige Integrationsprojekte in vielen Gemeinden. Diese Positivbeispiele sollten wir vielmehr vor den Vorhang holen.

STANDARD: Aber was muss sich strukturell in der Asylpolitik ändern?

Anschober: Einerseits brauchen wir dringend einen Asylgipfel, bei dem sich Bund, Länder und NGOs an einen Tisch setzen. Andererseits müssen die Kostensätze für die Unterbringung erhöht werden - da muss mehr Geld in die Hand genommen werden. Die Zukunft können nicht Massenquartiere sein, nur weil diese günstiger sind.

STANDARD: Der Politologe Thomas Hofer hat zum Zehn-Jahr-Jubiläum von Schwarz-Grün bilanziert, dass die Grünen sich ihre Leuchtturmprojekte zu sehr von der ÖVP streitig machen lassen und "das grüne Hütchen der Herr Pühringer jetzt auch aufhat". Ist das der Preis fürs Mitregieren?

Anschober: Ich bin ja froh, dass kritische Journalisten auch bei der ÖVP kritisch nachfragen, ob man sich dort nicht zu sehr grünen Themen anschließt. Fakt ist, dass wir nach elf Jahren Schwarz-Grün eine echte Erfolgsbilanz ziehen können. Und dazu haben beide Regierungspartner viel beigetragen. Und die Grünen haben nicht ihr letztes Hemd verkauft, nur um mitreden zu können, sondern die Kernthemen durchgesetzt. Durch die Energiewende und die grünen Jobs ist Oberösterreich eine Modellregion in Energiefragen geworden.

STANDARD: Noch ist offen, ob Sie bei der Landtagswahl im kommenden Jahr erneut antreten werden. Innerhalb Ihrer Partei steigt schon die Nervosität. Warum zieren Sie sich so mit einer Entscheidung?

Anschober: Wie immer überlege ich mir ein Jahr vor der Wahl in Ruhe, ob ich neuerlich kandidiere. Für mich gibt es drei Punkte, die es zu überdenken gilt: Passt meine Gesundheit, wie und wo kann ich meine Lebensthemen am besten durchsetzen, und stimmt mein politischer Kurs noch - will ich für diese sechs Jahre brennen. Gesundheitlich geht es mir jedenfalls wunderbar.

STANDARD: Nach der für die Grünen erfolgreichen Landtagswahl im September 2003 haben Sie in einem STANDARD-Interview gesagt, der Regierungssitz sei nach dem Wahlerfolg "der Schnittlauch auf dem Butterbrot". Was soll 2015 kommen - der Schinken in Form eines zweiten Regierungssitzes?

Anschober: Durch den sicheren Einzug der Neos in den oberösterreichischen Landtag wird der Regierungseinzug für uns deutlich teurer und schwieriger. Der Regierungssitz wird nicht mehr bei neun, sondern irgendwo bei elf, zwölf Prozent liegen. Einen grünen Kurs in der nächsten Landesregierung gibt es also nur bei deutlichen Zugewinnen. Sonst kommt die Bundesstillstandskoalition Schwarz-Rot oder die Retro-Koalition Schwarz-Blau auch in Oberösterreich. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 7.8.2014)