Kurz und treffend: "Moritz und der Waldschrat" von Bryn Chainey.

Foto: Shortynale

Klosterneuburg - Welche Geschichte kann in wenigen Minuten erzählt werden? Wie viel Zeit gönnt ein Film seinen Charakteren? Wenn etwa ein 60-jähriger Mann an seinem Geburtstag behauptet, drei Jahre jünger zu sein und plötzlich sein bisheriges Leben an uns vorüberzieht, kann dieses nur aus wenigen Momenten bestehen. Und so finden sich Personen an den seltsamsten Orten - einer Bushaltestelle, einer Bergwiese - ein, die den Jubilar ein Stück seines Lebenswegs begleitet haben und nun als Projektionsfläche für versäumte Gelegenheiten und falsche Erwartungen dienen.

Zwölf Minuten genügen dem Schweizer Filmemacher Nicolas Steiner in Ich bin's Helmut, um Jahrzehnte zu einem unkonventionellen, aus Brüchen und Leerstellen bestehenden Biopic zu verdichten. Das Erstaunliche an diesem Film, zu sehen bei der Shortynale, dem Kurzfilmfestival Klosterneuburg, ist deshalb nicht nur seine inszenatorische Raffinesse, etwa wenn Steiner die Schauplätze mittels beweglicher Kulissen miteinander verschmelzen lässt, sondern seine ökonomische Logik.

Während Ich bin's Helmut als eine von fünf Arbeiten in der internationalen Reihe zu sehen ist, richtet der aus deutschsprachigen Produktionen bestehende Wettbewerb den Fokus vorrangig auf das Erzählkino. Für eine Bestandsaufnahme der Formen- und Genrevielfalt genügt das allemal:

Düstere Fantasy (Moritz und der Waldschrat von Bryn Chainey), realistisches Jugenddrama (Wo wir sind von Ilker Çatak), skurrile Komödie (Always on my Mind von Helen Parkes) und verstörendes Kammerspiel (In der Stille der Nacht von Erich Steiner) bilden eine bunte Mischung aus Filmen, die bei aller Unterschiedlichkeit doch eine Gemeinsamkeit aufweisen: in kurzer Zeit eine interessante Geschichte erzählen zu wollen. (Michael Pekler, DER STANDARD, 6.8.2014)