Alpen-Donau veröffentlicht internen Bericht.

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Das Schreiben ging vom Verfassungsschutz an die Staatsanwaltschaft und könnte im Zuge der Akteneinsicht an Alpen-Donau gelangt sein.

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Zwei Personen, die Alpen-Donau bei der NS-Meldestelle gemeldet hatten, werden mit Namen und Telefonnummer erwähnt (Anm.: Schwärzung erfolgte redaktionell).

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Die rechtsextreme Website "Alpen-Donau.info“ hat Informationen zu Personen veröffentlicht, die Alpen-Donau bei der Stelle für NS-Wiederbetätigung des Innenministeriums gemeldet haben. Zwei Personen werden mit vollem Namen und Telefonnummer genannt, die Alpen-Donau-Betreiber schreiben weiter, eine vollständige Liste mit allen Meldern zu besitzen. Sie fordern ihre Leser auf, "Fanpost“ an die Personen zu verschicken.

Verurteilungen

Alpen-Donau war Anfang 2011 vom Netz genommen worden. Im Zusammenhang mit der Seite war der bekannte Neonazi Gottfried Küssel vergangenen Jänner gemeinsam mit zwei anderen Beschuldigten zu mehrjähriger Haftstrafe wegen Wiederbetätigung verurteilt worden. Früher war auf der Seite regelmäßig gegen Politiker und Minderheiten gehetzt worden. Seit einigen Monaten ist die Seite wieder aktiv, der einschlägig bekannte Richard P. kümmert sich nun um Alpen-Donau. Sie gilt noch immer als Anlaufstelle der rechten Szene in Österreich. Weder P. noch sein Anwalt waren für eine Stellungnahme erreichbar.

Daten "auf Wunsch" vertraulich

Auf Anfrage des WebStandard zeigten sich die zwei Personen, die sich im Fall Alpen-Donau an die NS-Meldestelle gewandt hatten, von der Veröffentlichung überrascht. Beide seien davon ausgegangen, dass ihre Daten fix nicht weitergegeben werden. "Wenn ich mich an eine staatliche Stelle wende, um Rechtsextremismus zu melden, ist Datenschutz selbstverständlich“, so einer der zwei Genannten. Die Meldestelle NS-Wiederbetätigung, die zum Innenministerium gehört, verweist allerdings darauf, dass Angaben nur "auf Wunsch“ vertraulich behandelt werden. Daher könnten Personen, die Rechtsextreme melden, bei Berichten an andere Behörden mit Namen genannt werden.

Alpen-Donau zitiert aus internem Bericht des Verfassungsschutzes

Aus genau so einem "Anfalls-Bericht“, der vom Verfassungsschutz an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt worden war, zitiert nun auch Alpen-Donau. In dem Dokument werden "exemplarisch“ zwei bei der Meldestelle für NS-Wiederbetätigung eingegangene Beschwerde-Mails angeführt. Alpen-Donau schreibt weiter: "Nach einem kurzen Hin und Her war man bereit, uns die anderen Melder vorzulegen." Um wen es sich bei "man" handelt, ist nicht klar.

Staatsanwaltschaft: Akteneinsicht ist Recht

Das Innenministerium verweist auf die Staatsanwaltschaft Wien: Der Verfassungsschutz habe keine Daten veröffentlicht oder gar an Alpen-Donau bereitgestellt, sondern den Bericht an die Staatsanwaltschaft übermittelt, so Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck. Dort heißt es wiederum, dass man zum konkreten Fall keine Angaben machen darf. Allerdings können, allgemein gesprochen, Beschuldigte und ihre Anwälte natürlich Akteneinsicht erlangen und eine Kopie des Akts erhalten. Darüber entscheidet der Staatsanwalt. Im konkreten Fall handelt es sich dabei um Hans-Peter Kronawetter, der kürzlich im Zuge des Prozess um Josef S. heftig kritisiert worden war. Ob die Infos im konkreten Fall so zu Alpen-Donau gelangt sind, wollte man bei der Staatsanwaltschaft Wien nicht bekanntgeben. Aus dem Justizministinisterium heißt es, dass sogar die Veröffentlichung des Akts unter bestimmten Umständen rechtlich gedeckt sein könnte.

BMI: "Überrascht"

Im Innenministerium, dem die NS-Meldestelle untersteht, werden die Vorgänge äußerst kritisch gesehen. "Wenn tatsächlich im Weg der Akteneinsicht Daten weitergegeben wurden, dann überrascht dies das BMI", so Sprecher Karl-Heinz Grundböck. Sollte das stimmen, käme man an den Punkt, "wo wir überlegen müssen, ob das dem Gedanken der NS-Meldestelle entspricht."

DÖW: "Psychischer Druck und Unwohlsein"

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW), das die rechtsextreme Szene beobachtet, zeigt sich auf Anfrage des WebStandard irritiert über die Vorgänge. "Es geht hier um eine vertrauliche Meldung – wenn ich sehe, dass diese Informationen weitergegeben werden, überlege ich mir vielleicht dreimal, ob ich rechtsextreme Seiten melde“, so ein Mitarbeiter des DÖW. Eine konkrete physische Gefahr durch die Offenlegung der Daten sei laut DÖW schwierig abzuschätzen, aber: "Der psychische Druck ist nicht zu unterschätzen.“ Zumindest ein gewisses Unwohlsein bei den Meldern hätte Alpen-Donau sicher erreicht. Meldungen über rechtsextreme Umtriebe können übrigens auch beim DÖW abgegeben werden - Anonymität wird hier garantiert. (sum/fsc, derStandard.at, 4.8.2014)

Update 20.8.2014: Bitte Beachten Sie neue Entwicklungen:

Alpen-Donau: Richter verfügte Weitergabe des vollen Akts

Innenministerium: Keine automatische Übermittlung von Daten mehr