Unter Verdacht stehen vor allem jene Praktika, die nach Studienabschluss gemacht werden (müssen): Versteckte Arbeitsverhältnisse zum Schnäppchenpreis für Unternehmen?

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Viele Schüler und Studenten verbringen einen Teil ihrer Sommerferien damit, in einem Unternehmen zu arbeiten. Manche machen dies, weil es im Lehr- oder Studienplan so vorgesehen ist und sie auch verpflichtend neben ihrer Ausbildung Praktika machen müssen, andere machen es, um sich einen Urlaub zu finanzieren bzw. etwas dazuzuverdienen. Der folgende Beitrag soll Aufschluss darüber geben, wie diese "Ferialpraktikanten" arbeitsrechtlich zu behandeln sind.

Weitläufig wird jeder arbeitende Student oder Schüler "Ferialpraktikant" genannt. Es ist allerdings zu unterscheiden, ob diese Tätigkeit ein verpflichtendes Berufspraktikum aufgrund des Lehrplans oder der Studienordnung ist ("Pflichtpraktikanten") oder ob der Schüler/Student im Sommer in einem Unternehmen als Aushilfe bzw. Urlaubsvertretung arbeitet, um damit Geld zu verdienen. Bei der zweiten Gruppe handelt es sich streng genommen nicht um Praktikanten, sondern um Ferialarbeiter bzw. Ferialangestellte.

Ausbildung, nicht Arbeit

Das Hauptmerkmal bei einem Pflichtpraktikum ist, dass die Ausbildung im Betrieb im Vordergrund steht und nicht die Arbeitsleistung für das Unternehmen. Das Pflichtpraktikum wird eben genau durch den Lern- und Ausbildungszweck charakterisiert und nicht durch Erwerbsabsicht des Unternehmens. Pflichtpraktikanten unterliegen keiner Arbeitspflicht und sind an keinerlei Weisungen betreffend Arbeitszeit oder Arbeitsort gebunden.

Ebenso sind Pflichtpraktikanten nicht in die Betriebsorganisation eingegliedert. Pflichtpraktikanten sind daher in der Regel keine Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts, sodass auf sie die arbeitsrechtlichen Vorschriften, wie beispielsweise Angestelltengesetz, Urlaubsgesetz oder auch Kollektivverträge keine Anwendung finden.

Pflichtpraktikanten haben in der Regel keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Sofern ein Taschengeld bezahlt wird, unterliegt dies der freien Vereinbarung zwischen dem Praktikanten und dem Unternehmen. Wird ein Taschengeld bezahlt, so ist der Praktikant auch bei der Sozialversicherung anzumelden. Bleibt das Taschengeld unter der Geringfügigkeitsgrenze, ist der Praktikant nur in der Unfallversicherung zu versichern, während bei Übersteigen der Geringfügigkeitsgrenze Vollversicherung eintritt.

Bekommt der Pflichtpraktikant kein Taschengeld und arbeitet unentgeltlich, muss er auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet werden. In diesem Fall ist er auch ohne Anmeldung durch das Unternehmen, aufgrund der gesetzlichen Schüler- bzw. Studentenunfallversicherung versichert.

Fürs Geld

Ferialarbeiter bzw. Ferialangestellte sind hingegen anders zu behandeln. Hier steht der Erwerbszweck im Vordergrund. Während ein Pflichtpraktikant weder Weisungen noch einer persönlichen Arbeitspflicht unterliegt - also nicht arbeiten muss - ist ein Ferialarbeiter/-angestellter sehr wohl verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen und an die Weisungen seines Vorgesetzen gebunden.

Er ist auch organisatorisch im Betrieb eingegliedert und erfüllt in sehr vielen Fällen die Aufgabe einer Urlaubsvertretung. Auf die Ferialarbeiter/-angestellten kommt daher das Arbeitsrecht voll zur Anwendung. Sie haben Anspruch auf Urlaub und unterliegen insbesondere auch den Kollektivverträgen, sodass sie Anspruch auf zumindest das kollektivvertragliche Mindestentgelt haben. Ferialarbeiter/-angestellte unterliegen auch den entsprechenden Bestimmungen betreffend Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, sodass sie auch im Falle einer Erkrankung weiterhin bezahlt werden müssen.

Manchmal im KV verankert

An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Kollektivvertrag (KV) in Ausnahmefällen auch Pflichtpraktikanten ausdrücklich einbezieht, sodass auch diese Anspruch auf das kollektivvertragliche Mindestentgelt haben. Dies ist beispielsweise bei Praktikanten im Hotel- und Gastgewerbe der Fall. Aufgrund des entsprechenden Kollektivvertrages und der Rechtsprechung ergibt sich, dass Praktikanten im Hotel- und Gastgewerbe nur im Rahmen von echten Arbeitsverhältnissen beschäftigt werden können.

Ferialarbeiter/-angestellte bzw. Pflichtpraktikanten, die aufgrund einer Bestimmung im Kollektivvertrag dem entsprechenden Kollektivvertrag unterliegen, sind bei der Sozialversicherung bereits vor Arbeitsantritt anzumelden und entsprechend zu versichern. Sofern sie nicht nur geringfügig beschäftigt werden, tritt Vollversicherung ein.

Abschließend kann gesagt werden, dass der Großteil der "Ferialpraktikanten" als Ferialarbeiter/-angestellte zu bewerten sind und daher zur Sozialversicherung anzumelden sind und sämtliche arbeitsrechtlichen bzw. kollektivvertraglichen Ansprüche genießen. Sofern der Kollektivvertrag Verfallsfristen vorsieht, gelten diese klarerweise aber auch für Ferialarbeiter/-angestellte, sodass sämtliche Ansprüche - z.B. wenn nicht das kollektivvertragliche Mindestentgelt bezahlt wurde - innerhalb dieser Verfallsfristen von zumeist wenigen Monaten geltend gemacht werden müssen, da sie ansonsten verfallen würden. (derStandard.at, 04.08.2014)