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Zur Verpflegung der im Einsatz stehenden Beamten waren bei der "Pizzeria Anarchia"-Räumung am Montag auch bewaffnete Gewerkschaftsmitglieder vor Ort.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Wien - Die Räumung der "Pizzeria Anarchia" am Montag könnte für einen Polizisten disziplinarrechtliche Konsequenzen haben. Zwei Mitglieder der FP-nahen Gewerkschaftsfraktion AUF (Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher) haben am Rande der Operation Getränke und Snacks an Einsatzbeamte verteilt und sind dabei mit einem Auto in polizeiähnlicher Beklebung vorgefahren. Zumindest ein Mitglied trat mit einer offen getragenen Pistole auf.

Laut dem AUF-Vorstandsmitglied und FPÖ-Nationalratsabgeordneten Werner Herbert stand der freigestellte Personalvertreter Paul S. im Dienst und durfte auch in Zivilkleidung eine Waffe tragen. Grundsätzlich sei sie verdeckt zu führen, wie Herbert am Freitag zu derStandard.at sagt. Bei Paul S. sei sie nur kurz zu sehen gewesen, als sein Poloshirt hochgerutscht war.

Ob S. tatsächlich im Dienst stand und ob es sich um seine Dienstwaffe handelte, sei derzeit nicht bekannt und werde geprüft, sagt Polizeisprecher Roman Hahslinger. Falls die Pistole im Holster eine Privatwaffe war, werde auch kontrolliert, ob das Führen durch den Besitz eines Waffenpasses gedeckt war.

Interesse am öffentlichen Auftritt

Selbst bei strafrechtlich korrekter Handlungsweise könnten disziplinäre Konsequenzen auf S. zukommen. Wie Hahslinger erklärt, regelt das Beamtendienstrecht die Angemessenheit im öffentlichen Auftreten von Staatsbediensteten. Und das erlangte bei S. bereits am Montag Interesse in sozialen Netzwerken. Er trug einen Ohrplug im Stil des Eisernen Kreuzes, eines deutschen Militärordens, dessen Symbolik unter anderem in der NS-Propaganda breite Verwendung fand.

Laut dem Portal heimatohnehass.at hat S. auch auf Facebook "moralisch verwerfliche Kommentare hinterlassen, seine Abneigung gegenüber dem Antifaschismus öffentlich zur Schau gestellt und gleichzeitig seine Sympathie zur rechten Szene unterstrichen".

Frage um Fluoreszenz

Ein weiterer Vorwurf, der laut Polizeisprecher geprüft wird, ist die Aufmachung des AUF-Fahrzeugs, aus dem Mannerschnitten, Obst und Getränke verteilt wurden. Blau-rote Streifen an den Seiten des Vehikels ähneln jenen an den Einsatzfahrzeugen der Bundespolizei.

Paragraf 20 Absatz 8 des Kraftfahrgesetzes besagt, dass "über die ganze Seitenwand verlaufende waagrechte Streifen aus rot fluoreszierendem oder rot rückstrahlendem Material von mehr als 100 Millimeter Höhe" an anderen Fahrzeugen als jenen des öffentlichen Sicherheitsdienstes unzulässig sind.

Werner Herbert sieht diesen Tatbestand nicht vorliegen. Der rote Streifen am AUF-Wagen fluoresziere weder noch strahle er zurück. Die rote Signalfarbe sei auch bei privaten Securitydiensten üblich und solle Aufmerksamkeit in Einsatzumgebung erzeugen.

Übliche Vorgehensweise

Laut Hahslinger ist es üblich, dass Gewerkschaftsvertreter bei größeren Polizeieinsätzen auf Privatkosten Verpflegung bereitstellen. Der Kastenwagen der AUF wurde am Montag ebenso wie ein komplett rotes Auto der SP-nahen FSG in die eigentlich für Zivilisten abgeriegelte Sperrzone gelassen.

Dass das Betretungsverbot für Privatpersonen bei Versorgungsaktionen auch für nicht im Dienst stehende Personalvertreter kurzfristig aufgehoben wird, ist laut Hahslinger eine gebräuchliche Methode. Das sagt auch Werner Herbert: "Einsätze dauern oft länger, und von der Dienstbehörde wird höchstens Mineralwasser bereitgestellt. Wenn jemand auf eigene Kosten 100 Pizzas bestellen und vorbeibringen würde, dann wird man wohl zur Verteilung auch eine Lösung finden."

Darüber hinaus gibt es keine Sonderrechte für die Arbeitnehmervertreter, sagt Hahslinger. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 1.8.2014)