Der Aufruf ist bekannt, doch was steckt eigentlich dahinter und was bringt das für die Kultur? Jede Kommunikation hat zwei Quellen: verbale und nonverbale Inhalte. Die Körpersprache wird durch unser Unbewusstes gesteuert, in ihr schwingen Emotionen und tatsächliche Haltungen mit. Bewusst transportieren wir Inhalte in Form von Gesprochenem und Verhalten. Stimmen diese beiden Ebenen überein, werden wir als kongruent erlebt. Inkongruenz dagegen irritiert unser Gegenüber.

Authentisch zu sein beinhaltet demnach, kongruent zu kommunizieren, indem wir für persönliche Einstellungen, Werte, Gefühle und Bedürfnisse einstehen, nicht immer mit dem Strom schwimmen und, wenn nötig, Zivilcourage zeigen. Dies ist mit permanenter Selbstreflexion verknüpft.

Stärken und Schwächen akzeptieren

Teams können so ein "Wir sind okay!" etablieren. Damit werden die Türen zu Hochleistung geöffnet. Eine ihrer Rahmenbedingungen ist nämlich die völlige Akzeptanz der Stärken und Schwächen jedes Einzelnen. Gerüchtebörsen bzw. Hypothesenbildungen wird der Nährboden entzogen, und negative Phänomene - wie z. B. Gruppendenken - verhindert. Solches Gruppendenken nämlich führt dazu, dass nicht alle Lösungsoptionen für ein Problem oder einen Konflikt erkannt und tatsächlich vorhandene Risiken einer Handlungsalternative unterschätzt werden. (Groupthink hat US-Präsident J. F. Kennedy 1961 gemeinsam mit seinem Beraterstab direkt in die Fehlentscheidung für die Invasion in der Schweinebucht auf Kuba schlittern lassen.)

Authentizität zu leben hat den Sinn, dass sich Menschen besser entfalten und entwickeln können, ihre Lernkurven und Leistungen ansteigen, Gefühle und Bedürfnisse mitbedacht, Risiken besprochen und erkannt werden. Menschen werden für das geschätzt, was sie auch wirklich sind, und in ihrer Entwicklung gefördert.

Realität und Wunschdenken im Einklang

Authentizität auf Ebene der gesamten Organisation bedeutet, dass Realität und Wunschdenken in Einklang gebracht werden müssen. Nur mit passenden Grundannahmen, Menschenbildern und Werten werden Menschen würdevoll behandelt und sind Programme wie Diversity-Management, Corporate Social Responsibility oder ein ressourcenschonender Umgang mit der Natur von Erfolg gekrönt.

In Summe eine riesige Herausforderung für Führungskräfte und Beschäftigte. Doch die Arbeit lohnt sich, stellen sich am Ende Leistung, Kreativität und Innovation ein, gepaart mit Stolz und dem Gefühl, in der persönlichen Mitte zu sein. Nicht spielen zu müssen entlastet, ein Freibrief für Unhöflichkeit und Empathielosigkeit ist es jedoch nicht. (DER STANDARD, 2./3.8.2014)