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Die saudische Führung um König Abdullah (li.) soll nicht mehr geschlossen gegen Israel auftreten.

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Wien - "Die Hamas ist am Schlachten im Gazastreifen schuld", dieser Satz erregt seit einigen Tagen arabische Gemüter über alle Maßen: Denn er stammt von Prinz Turki al-Faisal, dem früheren saudischen Geheimdienstchef, und publiziert hat ihn die Zeitung "Asharq al-Awsat". Er heizt die Debatte darüber an, ob denn Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate wirklich, wie von antisaudischen Medien behauptet wird, die israelische Offensive gegen die Hamas nicht nur unterstützen, sondern sich wünschen, dass Israel die Hamas auslöscht, mag es noch so viele Opfer kosten.

"Finish the job"

Seit Tagen kursiert ein Tweet des früheren israelischen Botschafters bei der Uno in New York, Dan Gillerman, wonach "Vertreter von Golfstaaten" Israel wiederholt dazu aufgefordert hätten, "to finish the job", also die Arbeit im Gazastreifen zu Ende zu bringen. Im Gegensatz dazu hat der saudische Botschafter in Großbritannien, Prinz Mohammed bin Nawaf Al Saud, dem Journalisten David Hearst widersprochen, der in seinem Blog von einer saudisch-israelischen Abstimmung auf täglicher Basis gesprochen hatte ("Debka Net Weekly" hatte das berichtet, der Verbindungsmann soll der frühere Geheimdienstchef und jetzige Königsberater Prinz Bandar sein). Der Botschafter nannte es eine "groteske Beleidigung" zu behaupten, dass Riad die israelische Offensive unterstütze. Saudi-Arabien sehe sich als der Protektor der Palästinenser.

Diese historische Verantwortung den Palästinensern gegenüber betont auch Ägypten - dessen Führung ebenfalls Komplizenschaft mit Israel vorgeworfen wird. Der erste Waffenstillstandsvorschlag von Präsident Abdelfattah al-Sisi, den König Abdullah von Saudi-Arabien explizit unterstützte, habe nur auf israelische Bedürfnisse Rücksicht genommen, Kairo sei deshalb als Vermittler nicht mehr glaubwürdig und könne bei der Hamas nichts mehr erreichen, sagen die Kritiker. Beide, Saudi-Arabien und Ägypten, sähen die Hamas nur durch die Brille ihrer Gegnerschaft zu den Muslimbrüdern. Die Hamas war ja ursprünglich nichts anderes als der palästinensische Zweig der in Ägypten gegründeten Muslimbruderschaft.

Ein Draht zur Hamas

Die "New York Times" schreibt am Donnerstag, dass gerade die offensichtliche Unfähigkeit Ägyptens, einen konstruktiven Draht zur Hamas zu finden, US-Außenminister John Kerry dazu veranlasst hat, mit Katar und der Türkei - den letzten Freunden der Muslimbrüder in der Region - Kontakt aufzunehmen. Sein Entwurf einer Waffenruhe war die Antithese zum ägyptischen und ging mehr oder weniger nur auf die Hamas-Bedürfnisse ein. Seitdem ist die Anti-Kerry-Stimmung in Israel derart gewachsen, dass wieder einmal State-Department-Sprecherin Marie Harf ausrücken musste, um "Enttäuschung" darüber auszudrücken, dass Israel das US-Engagement für die Sicherheit Israels nicht würdige.

In Ägypten ist die Wut weiter Kreise auf die Muslimbrüder und die Hamas noch immer so groß, und Sisi wird medial stark unterstützt. In Saudi-Arabien klaffen diesmal die Gaza-Position der saudischen Führung, die immer mehr gemeinsame Interessen mit Israel entdeckt, und die Volksmeinung laut Hearst weit auseinander: 95 Prozent der Menschen sollen angeblich für eine Fortsetzung des "Widerstands" sein. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 1.8.2014)