Berlin - In den Chefetagen deutscher Unternehmen haben immer noch vorwiegend die Männer das Sagen: Frauen stellten 2012 nur 29 Prozent der Führungskräfte. 20 Jahre zuvor waren es 26 Prozent. Diese Daten nannte am Mittwoch das Statistische Bundesamt in Berlin. Fazit der ForscherInnen: Die Gleichstellung von Mann und Frau schreitet nur mühsam voran.

Auch bei der Bezahlung zeigen sich nach wie vor deutliche Unterschiede zwischen Mann und Frau. 2013 war der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Männern in Deutschland 22 Prozent höher als der von Frauen. Dass diese Lücke nicht so groß sein muss, zeigen EU-Staaten wie Frankreich oder Schweden, wo der Unterschied nur 15 beziehungsweise 16 Prozent beträgt. In Belgien liegt der Unterschied gar nur bei 10 Prozent. Nur im Nachbarland Österreich ist er mit 23 Prozent noch größer als in Deutschland.

Manuela Schwesig: Lohngefälle "muss sich ändern"

Nur zwei Drittel der Verdienstunterschiede von Männern und Frauen lassen sich nach den Worten der Statistiker "strukturell" erklären. Rechnet man Faktoren wie mangelndeFrauenpräsens in Spitzenjobs, Teilzeitarbeit, Berufserfahrung und branchenspezifische Arbeitsplatzanforderungen heraus, bleibt bei der Entlohnung immer noch eine Differenz von sieben Prozent zugunsten der Männer - die lässt sich statistisch nicht erklären. Eine Möglichkeit wäre, dass Männer schon beim Berufseinstieg besser um den Lohn verhandeln. Diese Unterschiede beim Verdienst ziehen sich dann häufig durch die gesamte Karriere.

Die deutsche Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) kritisierte, dass das Mann-Frau-Lohngefälle in Deutschland weit höher ist als in manch anderem EU-Land. "Das muss sich ändern. Wir wollen die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern durchsetzen und werden dazu ein Entgeltgleichheitsgesetz auf den Weg bringen. Denn endlich muss das Prinzip gelten: gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit."

Kinderbetreuung beeinflusst Berufstätigkeit

Dabei haben die Frauen in Sachen Bildung in den vergangenen 20 Jahren gewaltig aufgeholt. Mit steigendendem Qualifikationsniveau nimmt allerdings der Frauenanteil wieder ab: 45 Prozent der 2012 vergebenen Doktortitel gingen an Frauen. Im gleichen Jahr waren von den frischgebackenen ProfessorInnen nur 27 Prozent Frauen. Unter den ProfessorInnen insgesamt stellen die Frauen inzwischen einen Anteil von 20 Prozent.

Die Daten der StatistikerInnen belegen erneut: Die Familiengründung und vor allem die Kinderbetreuung beeinflusst nach wie vor stark die Berufstätigkeit der Frauen. Insgesamt hat zwar die Erwerbsbeteiligung von Frauen in den vergangenen 20 Jahren zugenommen - von 56 Prozent (1992) auf 68 Prozent (2012). Von den Müttern mit einem Kind unter drei Jahren waren jedoch 2012 nur ein Drittel aktiv erwerbstätig. Bei den Vätern waren dies über 80 Prozent.

Höhere Lebenserwartung

Frauen sind stärker armutsgefährdet als Männer - vor allem im Alter. Ein Viertel der alleinlebenden Frauen ab 65 muss mit einem geringen Nettoeinkommen von unter 900 Euro auskommen. Bei den Männern betrug dieser Anteil 2012 nur 16 Prozent.
Dabei leben Frauen im Schnitt deutlich länger als Männer. Zwei Drittel der Hochbetagten über 80 Jahre sind in Deutschland Frauen. Die durchschnittliche Lebenserwartung für ein neugeborenes Mädchen ist nach den Berechnungen der Statistiker heute um etwa fünf Jahre höher als die für neugeborene Buben. (APA, 30.7.2014)