Wien - Im Ringen um ein Freihandelsabkommen TTIP zwischen USA und EU sind sie der Aufreger schlechthin, im zehn Jahre währenden Streit um das Yukos-Erbe brachte es spät, aber doch so etwas wie Gerechtigkeit: Internationale Schiedsgerichte wie jenes in Den Haag sollen Investoren die Möglichkeit geben, sich Schadenersatz zu erstreiten, wenn sie sich von einem Staat um ihr Geld gebracht fühlen. Gegner sagen, die entsprechenden Klauseln in internationalen Verträgen würden Investoren zu viele Rechte gegenüber Staaten einräumen.

Die Tochterfirmen des Yukos-Großaktionärs GML hatten auf Grundlage der Energiecharta geklagt, einer Art Freihandelsabkommen für Energiemärkte. Der Energy Charter Treaty (ECT) stammt aus der Zeit nach dem Kalten Krieg, er sollte die Integration der Energiesektoren der Nachfolgestaaten der Sowjetunion und Osteuropas in die europäischen und globalen Märkte vorantreiben. Die Energiecharta ist quasi der dazugehörige politische Teil zu den Energiebeziehungen, sie wurde am 17. Dezember 1991 in Den Haag unterzeichnet - nicht aber von Russland.

Als führender Energieexporteur in der Region hat die Russische Föderation eine Ratifizierung des Vertrags bisher unterlassen, obwohl es damals erklärt hatte, die Regelungen des Vertrags bis zur Ratifizierung provisorisch anzuwenden. Das bedeutet: Russland wendet den Energiechartavertrag an, soweit er im Einklang mit Russlands Verfassung, Gesetzen und Verordnungen steht.

Moskau zahlt normalerweise zuverlässig

Wiewohl das Finanzministerium in Moskau angekündigt, den Spruch aus Den Haag bekämpfen zu wollen: Bei den für die russische Politik oft peinlichen Verurteilungen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zahlt Moskau in der Regel die dort festgelegten Strafen zuverlässig. Allerdings geht es beim Yukos-Erbe um andere Dimensionen.

Mit dem Verfahren in Den Haag hat Moskau allerdings das Problem, sich dort nicht ausreichend juristisch vertreten zu sehen. Wenn Russland die Rechtmäßigkeit des Prozesses nicht akzeptiert, wird es auch nicht zahlen.

Festgelegt ist zunächst vom Gericht in Den Haag, dass die 50 Milliarden Dollar (rund 37 Mrd. Euro) - das sind mehr als zehn Prozent der russischen Währungsreserven - bis 15. Jänner 2015 zu zahlen sind. Danach werden Zinsen fällig. Sollte der Schiedsspruch rechtskräftig werden, könnten die Kläger in Ländern, in denen die New York Konvention zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gilt, pfänden lassen. Rein theoretisch könnten dann russische Vermögenswerte wie Sberbank in Österreich beschlagnahmt werden. Sie wird mehrheitlich vom russischen Staat kontrolliert, Russlands Notenbank hält die Aktienmehrheit. (AFP/ung, DER STANDARD, 29.7.2014)