Souverän und solid: Gabriel von Eisenstein (Daniel Serafin) und Rosalinde (Martina Dorak) in der "Fledermaus" beim Musikfestival Steyr.

Foto: Studio-Iris / Musikfestival Steyr

Steyr - Die Programmverkäuferin am Eingang trägt eine Krinoline. Also doch eine klassische Inszenierung der Fledermaus? Weit gefehlt. Für das Musikfestival Steyr habe man Johann Strauß' berühmteste Operette "entstaubt", erklärt die Komparsin. Und man wolle den Stellenwert moderner Medien hinterfragen. Aha.

Den Mut, einen Klassiker neu zu interpretieren, kann man dem Team rund um den Intendanten Karl-Michael Ebner nicht absprechen. Ebenso wenig wie das Geschick, gute Stimmen nach Steyr zu holen, heuer bereits zum 20. Mal. Woran es hapert, ist das Gespür für Homogenität. Da kontrastieren Rokokospringbrunnen und Antiktelefon mit klingelnden Handys, da flimmern Klimt und Schiele auf Flatscreens, promenieren die Ballgäste beim Prinzen Orlofsky (verkörpert vom 19-jährigen St. Florianer Sängerknaben Alois Mühlbacher) im Turnschuhlook, dazwischen tummeln sich diverse Nationaltrachten, Kamera- und Mikrofonträger und mittendrin die ungarische Gräfin mit magyarisch eingefärbter Madame-Pompadour-Perücke.

Mag sein, dass Susanne Sommer (Regie), Georg Lindorfer (Bühnenbild) und Caterina Visconti (Kostüme) Zeitlosigkeit und Internationalität symbolisieren wollten, als sie ihre Fledermaus völlig losgelöst von Raum und Zeit in Szene gesetzt haben. Aber: Die Vielfalt an Stilepochen irritiert, lenkt ab von der guten musikalischen Darbietung (Leitung: Siegfried Andraschek mit dem Ensemble des Wiener Operettenorchesters).

Wem es gelingt, die widersprüchlichen Bilder auszublenden, der erlebt einen eindrucksvollen Abend. Stimmlich herausragend ist wie gewohnt Beate Ritter als Adele, auch Vincent Schirmmacher als Alfred begeistert mit Anrissen klassischer Ohrwürmer. Daniel Serafin tritt als Eisenstein in die Fußstapfen des unvergessenen Eberhard Waechter. Souverän und solid auch Martina Dorak (Rosalinde), Rafael Fingerlos (Dr. Falke), Josef Luftensteiner (Gefängnisdirektor Frank) sowie Josef Krenmair, der als Frosch Lachsalven im Publikum auslöst. (Marie-Therese Hartig, DER STANDARD, 29.7.2014)