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Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin

Den Haag - Russland muss Ex-Aktionären des einst größten Ölkonzerns Yukos eine Rekordentschädigung in Höhe von 50 Milliarden Dollar (37,2 Mrd. Euro) zahlen. Die Zerschlagung des Unternehmens des Kreml-Gegners Michail Chodorkowski sei politisch motiviert gewesen, hieß es in dem am Montag bekanntgegebenen Urteil des Ständigen Schiedsgerichtshofs in Den Haag. Die Kläger hatten rund 100 Mrd. Dollar gefordert.

Chodorkowskis Yukos-Konzern war Anfang des Jahrtausends zerschlagen worden. Der Staat und Gerichte warfen dem einst reichsten russischen Ölmagnaten sowie mehreren seiner Geschäftspartner schwere Wirtschaftsstraftaten vor. Chodorkowski wurde in Lagerhaft genommen. Filetstücke von Yukos fielen beispielsweise an den Staatskonzern Rosneft.

Dagegen zog ein Teil der ehemaligen Yukos-Aktionäre vor den internationalen Schiedsgerichtshof. Bei den Klägern handelt es sich um die Besitzer der Group Menatep Limited (GML), der zuletzt Yukos mehrheitlich gehörte. Chodorkowski selbst hat seine Anteile an Yukos einem Bericht der "Financial Times" zufolge an seinen früheren Vorstandskollegen Leonid Nevzlin übergeben, der ebenfalls zu den Klägern gehört und inzwischen die israelische Staatsangehörigkeit hat.

Die Klägerseite argumentierte unter anderem mit der Internationalen Energie-Charta, die Russland 1991 unterzeichnet hatte. Allerdings wurde sie nie ratifiziert. Nach Angaben der Kläger kann nach dem Schiedsgerichtsspruch russisches Vermögen gepfändet werden.

In den Bankrott

Der primäre Grund für die Zerschlagung von Yukos sei nicht das Eintreiben von Steuern gewesen, sondern das Ziel, den Konzern in den Bankrott zu treiben, hieß es in der Entscheidung der drei Richter. Es war das größte Verfahren in der Geschichte der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Einen der drei Richter hatte Russland nominiert. Die Verhandlungen erstreckten sich über fast zehn Jahre.

Beide Seiten haben das Recht, die Entscheidung vor einem ordentlichen niederländischen Gericht anzufechten. Russland werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um seine Position zu verteidigen, sagte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Der Betrag macht mehr als zehn Prozent der russischen Währungsreserven aus. 50 Milliarden Dollar hatte Russland in etwa auch für die Olympischen Winterspiele in Sotschi ausgegeben.

Die Gegenseite zeigte sich zuversichtlich, das Geld auch zu bekommen. "Wir haben keinen Anlass zu der Vermutung, dass Russland seinen internationalen Verpflichtungen nicht nachkommt", sagte der Kläger-Anwalt Emmanuel Gaillard in London. GML-Chef Tim Osborne sagte, es gebe eine Strategie, wie das Geld eingetrieben werden soll, die aber nicht veröffentlicht werde. Dem Urteil zufolge muss Russland bis 15. Jänner 2015 zahlen.

Russland hatte die Aktiva von Yukos über mehrere Jahre bei Auktionen verkauft. Sollte Russland diese Summe zahlen müssen, wäre dies ein schwerer Schlag für die ohnehin von Rezession geplagte Wirtschaft. Zu schaffen machen Russland zudem Sanktionen der EU und der USA im Zuge des Ukraine-Konflikts.

In Erwartung des Urteils haben russische Aktien am Montag nachgegeben. Die Papiere des nunmehr größten russischen Ölproduzenten Rosneft verloren zeitweise 1,2 Prozent.(APA, 28.7.2014)