Der Umgang der ungarischen Regierung mit Österreichs Banken hat zu Recht im Inland heftige Kritik und sogar Empörung hervorgerufen. Die Zwangskonvertierung von Fremdwährungskrediten, die den Banken massive Verluste beschert, ist eine populistisch-nationalistische Maßnahme, mit der plötzlich die Spielregeln geändert werden, um inländische Wähler auf Kosten ausländischer Unternehmen zu entlasten.

Das ist genau die Art von gesetzlich abgesegneter Willkür, die internationale Investoren fürchten und vor der sie sich durch Investitionsschutzabkommen schützen wollen.

Auch der ungarische Wirtschafts- und Finanzminister Mihaly Varga schreckt im STANDARD-Interview davor zurück, den Banken offen einen Bruch der ungarischen Gesetze vorzuwerfen. Er versteckt sich hinter den Gerichten, die so wie in Österreich auch in Ungarn nur Einzelfälle beurteilen können. Der Eingriff der Regierung Orbán ist hingegen eine Pauschalmaßnahme, die auf die Frage, ob Kreditnehmer über die Risiken von Frankenkrediten informiert wurden, gar nicht eingeht.

Aber in einem Punkt muss man Varga recht geben: Er wirft Österreich vor, mit "zweierlei Maß zu messen". Mit dem Hypo-Gesetz und der damit verbundenen Enteignung gewisser Gläubiger hat Österreichs Finanzminister Michael Spindelegger den gleichen Weg wie Ungarns Premier Viktor Orbán beschritten. Damit erübrigt sich jede Kritik am ungarischen Vorgehen zumindest von Regierungsseite.

Beide Politiker profitieren vielleicht kurzfristig von ihrem Vorgehen, Orbán allerdings viel mehr als Spindelegger: Denn seine Handlungsweise ist konsequent und innenpolitisch populär. Spindelegger blies von Anfang an durch interne Kritiker der Wind ins Gesicht.

Aber in beiden Fällen könnte es den Ländern mittelfristig schaden. Denn Willkür gegen Ausländer lässt sich zwar politisch und rechtlich leicht rechtfertigen, hat aber meist negative Folgen für die Glaubwürdigkeit, die Bonität und die Attraktivität als Wirtschaftsstandort.

Ungarn holt sich Milliarden von den ausländischen Banken, Österreich höchstens 800 Millionen Euro. Man kann nur hoffen, dass auch die Konsequenzen bei uns weniger hart ausfallen werden als im Nachbarland. (Eric Frey, derStandard.at, 23.7.2014)