Als Notlösung für Schmerzpatienten sind "Heimplantagen" in Deutschland erlaubt, urteilte das Kölner Verwaltungsgericht.

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Köln/Wien - Der Verwaltungsgerichtshof im deutschen Köln entschied am Dienstag, dass chronisch kranke Schmerzpatienten in Ausnahmefällen zu Hause zu Therapiezwecken Cannabispflanzen anbauen dürfen. Das aufsehenerregende Urteil folgt den Klagen von fünf Schwerkranken gegen ein behördliches Anbauverbot für den Eigenbedarf.

Der Cannabis-Eigenanbau bleibe grundsätzlich verboten, könne aber unter mehreren Bedingungen individuell erlaubt werden, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Fleischfresser. Im Prozess sei es nicht um die "generelle Freigabe" gegangen, so Fleischfresser schon bei der mündlichen Vorverhandlung am 8. Juli. Es gehe vielmehr um die Erlaubnis "in besonders gelagerten Ausnahmefällen".

Erste Genehmigungen dieser Art in Deutschland

Zu den Voraussetzungen in solchen Fällen gehöre nun, dass der Patient austherapiert ist, es keine Behandlungsalternative für ihn zur illegalisierten Droge Cannabis gibt, Apotheken-Cannabis unerschwinglich ist und nicht von der Kasse bezahlt wird. Außerdem müsse die Wohnungssituation den Anbau zulassen. Zwei Klagen wurden abgewiesen, drei waren erfolgreich.

Die Patienten besaßen bereits die Erlaubnis zum Erwerb und therapeutischen Konsum von Cannabis, mussten aber bisher auf industriell erzeugte Arzneimittel aus Apotheken zurückgreifen.

Bei den stattgegebenen Genehmigungen gestaltete sich laut Fleischfresser die Wohnsituation der Patienten so, "dass sich niemand Fremdes an den berauschenden Blüten bedienen kann", berichtet "Spiegel Online". Bei den abgewiesenen Klagen sei eine Wohnung dafür zu klein gewesen beziehungsweise habe ein Kläger noch nicht alle zumutbaren Behandlungsalternativen ausgeschöpft.

Es ist das erste Mal in Deutschland, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Patienten solche Genehmigungen zur Eigenversorgung erteilen muss. Das BfArM kann die Urteile nun annehmen oder Berufung einlegen. In diesem Fall müssten die Fälle in nächster Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht Münster neu verhandelt werden.

Anbau in Österreich Staatssache

In Österreich ist es Privatpersonen nicht erlaubt, Hanf als Schmerzmittel anzubauen. Seit der Novellierung des Suchtmittelgesetzes im Jahr 2008 darf ein einziges Unternehmen Cannabis zum Zweck der Arzneimittelherstellung kultivieren. Es handelt sich um die im Besitz von Gesundheits- und Lebensministerium stehende Ages GmbH, die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit.

Auf einer Cannabisplantage in Wien werden die Pflanzen angebaut und geerntet. Über Public-private-Partnerschaften beliefert die Ages Pharmaunternehmen mit dem Marihuana, die daraus die schmerzdämmenden Wirkstoffe - Cannabinoide wie Dronabinol - extrahieren und etwa in Form von Kapseln an die Apotheken liefern. Ärzte können diese grundsätzlich nicht rauscherzeugenden Medikamente in Österreich Patienten verschreiben. (APA/mcmt, derStandard.at, 22.7.2014)