Eine Ameise bei der Bewegungsanalyse.

Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

Jena - Waldameisen (Formica polyctena) können bis zu 26 Körperlängen pro Sekunde zurücklegen und erreichen dabei eine Frequenz von 16 Schritten pro Sekunde. "Und das alles, ohne dabei abzuheben“, betont Bewegungswissenschafter Lars Reinhardt von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dass die Insekten auch bei hohem Tempo niemals die Bodenhaftung verlieren, liegt an ihrem "Grounded Running“ genannten Bewegungsmuster, so der Forscher: Sie laufen mit Trippelschritten.

Im "Journal of Experimental Biology“ stellte das Team um Reinhardt die Ergebnisse von Bewegungsanalysen vor, die nicht nur die Bewegungsabläufe selbst, sondern auch die dabei wirkenden Kräfte maßen.  Möglich machte das erst ein hochempfindlicher Sensor, den Reinhardt entwickelte. Dieser besteht aus elastischen Polymerstreifen, die selbst winzigste Kräfte im Mikro-Newton-Bereich in allen drei Raumrichtungen erfassen können.

Energieaufwand, der sich lohnt

Das Schrittmuster der Ameisen bleibt bei jedem Tempo gleich - jeweils drei Beine der insgesamt drei Beinpaare berühren den Boden. Reinhardt: "Die Tiere nutzen den sogenannten alternierenden Tripod-Gang.“ Dazu bewegen sie synchron das Vorder- und Hinterbein einer Körperseite und das mittlere Bein auf der gegenüberliegenden Seite nach vorn. Erst wenn alle drei wieder Bodenkontakt haben, heben die jeweils anderen drei Beine ab.

Das sei zwar vergleichsweise energieaufwendig, garantiere aber auch hohe Stabilität - auch beim Laufen auf unwegsamem Gelände. Außerdem ermögliche diese Art der Fortbewegung auch blitzschnelle Richtungswechsel.

Sechs Beine, drei Funktionen

Weiters ergaben die Analysen, dass die Tiere gewissermaßen mit Hinterantrieb operieren: Das hintere Beinpaar liefere den Hauptantrieb bei der Vorwärtsbewegung, die Vorderbeine hingegen wirken eher bremsend. Das mittlere Beinpaar wiederum dient zur Stabilisierung des Gangs.

Zusätzlich stellten die Bewegungsforscher fest, dass die Ameisen in regelmäßigen Abständen zwischen den Schritten kurz mit dem Hinterleib den Boden berühren, was die Bewegung ebenfalls leicht abbremst. Das ist aber nur ein Nebeneffekt, der nicht ins Gewicht fällt - denn bei diesen kurzen Bodenkontakten legen die Tiere ihre für Kommunikation und Orientierung überlebensnotwendigen Duftspuren. (red, derStandard.at, 20. 7. 2014)