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Auch im Jahr 2011 (Bild) gingen zahlreiche Spanier auf die Straße, um gegen die Zwangsräumungen zu protestieren.

Foto: AP/Emilio Morenatti

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuG) erklärt zum zweiten Mal Teile des spanischen Gesetzes zur Zwangsräumung von überschuldeten Wohnungseigentümern für ungültig. Bereits im März 2013 hatte der Gerichtshof das Paragrafenwerk für nicht vereinbar mit dem europäischen Verbraucherschutz angesehen. Das Gesetz wurde daraufhin reformiert. Doch das genügt den Luxemburgern nicht.

Der Gerichtshof der Europäischen Union war von einem Gericht im ostspanischen Castellón angerufen worden, er möge doch einen umstrittenen Aspekt des Gesetzes überprüfen. Dort heißt es, dass im Falle eines Urteils zugunsten des Schuldners - und gegen die Bank - das Kreditinstitut das Recht auf Berufung hat. Geht das Urteil gegen den Schuldner und für eine Räumung aus, besteht kein Widerspruchsrecht. Das verstoße ganz klar gegen die Verbraucherschutznormen, die die Europäische Union vor 20 Jahren erlassen habe, sowie gegen die europäischen Grundrechte.

Streit ums Gesetz

Die Streitereien rund um das Gesetz haben große Bedeutung: In Spanien wurden seit 2008 rund 500.000 Wohnungen und Gewerberäume zwangsgeräumt. Sie fallen an die Bank zurück. Ist die Immobilie mittlerweile durch den Preisverfall weniger wert, als noch an Kredit aussteht, sitzt der Schuldner auf der Straße und muss dennoch weiter abbezahlen.

Bereits im März 2013 hatte der EuG das spanische Verfahren zur Zwangsräumung von Wohnungen für unrechtmäßig erklärt. Damals ging es um einen Schuldner, der von der Polizei aus der Wohnung geschmissen wurde, obwohl noch ein Verfahren gegen die Sparkasse Catalunya Caixa lief. Der Schuldner klagte, weil der Kreditvertrag seiner Ansicht nach missbräuchliche Klauseln enthielt.

Unabhängige Verfahren

Beide Verfahren - das der Zwangsräumung und das der Vertragsüberprüfung - sind nach spanischem Recht voneinander unabhängig. Die Räumung wird durch die Klage gegen die Bedingungen des Kreditvertrags nicht aufgeschoben. Fällt die Wohnung in die Hände der Bank, wird dies auch im Falle einer siegreichen Klage gegen den Vertrag nicht rückgängig gemacht. Das Urteil aus Luxemburg bewirkte, dass Räumungen inzwischen aufgeschoben werden müssen, bis auch das zweite Urteil rechtskräftig ist.

"Einmal mehr hat sich die Regierung lächerlich gemacht", heißt es in einer Erklärung der Vereinigung der Betroffenen der Wohnungskredite (PAH). Das Urteil des EuG zeige den Willen der Regierung, "die Privilegien der Banken gegen die Bürgerrechte in Schutz zu nehmen". (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 19.7.2014)