Die OECD hat die volkswirtschaftlichen Kosten von psychischen Leiden berechnet. Darüber hinaus kritisiert die Organisation, dass zu wenig Geld für die Behandlung ausgegeben wird.

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Berlin/Wien - Psychische Erkrankungen kosten entwickelten Staaten - so auch Österreich - etwa vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Global wurden diese Kosten für das Jahr 2010 auf 2.493 Milliarden US-Dollar (1.842 Milliarden Euro) geschätzt. Das geht aus einem Bericht der OECD hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.

"Die epidemiologischen, sozialen und ökonomischen Belastungen durch psychische Erkrankungen in den OECD-Staaten sind enorm", stellten die Experten der Organisation fest. Etwa 20 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung würden aktuell und klinisch signifikant an diesen Krankheiten leiden. Bis zur Hälfte der Menschen weisen zumindest einmal in ihrem Leben eine psychiatrische Erkrankung auf.

Zu wenig Geld

Das wirkt sich über die direkten medizinischen Kosten, mangelnde Produktivität, Arbeitslosigkeit, Krankenstände und soziale Aufwendungen deutlich aus: Bereits für das Jahr 2004 wurde eine Reduktion des BIP als Folge psychischer Erkrankungen für Kanada um 4,4 Prozent, für Großbritannien um 4,1 Prozent und für Frankreich um 2,3 Prozent berechnet.

Trotz dieses allein schon ökonomisch hohen Stellenwertes sorgen auch die entwickelten Staaten der Erde offenbar nur mangelhaft vor bzw. stellen für Prävention, Diagnose, Therapie und langfristige Betreuung nur ungenügende Mittel zur Verfügung. Ein Beispiel dafür ist Großbritannien: Zwar machen dort psychische Erkrankungen 23 Prozent der "Krankheitslast" in der Gesellschaft aus, doch auf sie entfallen nur 13 Prozent der Aufwendungen des staatlichen Gesundheitssystems (NHS), so der Report.

Schlecht betreut

Die Betreuung der Betroffenen ist offenbar schlecht. 88 Prozent der Menschen mit schweren psychischen Störungen haben in Umfragen "quer durch die OECD-Staaten" berichtet, dass sie weniger leistungsfähig seien als möglich. Unter Menschen mit moderaten psychischen Gesundheitsstörungen lag dieser Anteil bei 69 Prozent, bei Personen ohne solche Leiden betrug er 26 Prozent. Obwohl die meisten psychischen Erkrankungen ambulant behandelt werden können, beträgt der Anteil der Spitalspflege für diese Patienten in Deutschland noch immer ein Drittel, in den Niederlanden rund 45 und in Tschechien fast 69 Prozent.

Ebenfalls quer durch die OECD-Staaten zieht sich auch die Beobachtung, dass die Aufwendungen des Gesundheitswesens im Bereich der psychischen Erkrankungen steigen. So haben sie sich im Rahmen des Budgetprogramms der Niederlande von 2,78 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 5,09 Milliarden Euro im Jahr 2010 fast verdoppelt. Nur in Finnland zeigte sich hier eine Trendumkehr.

Leistung leidet

Ein erhebliches Problem sind auch die indirekten Kosten. Für Frankreich allein wurden jährlich 20 Milliarden Euro an Produktivitätsverlusten infolge dieser Erkrankungen kalkuliert. Etwa die Hälfte davon (9,33 Milliarden Euro) entstand dort durch Arbeitslosigkeit, der Rest durch Krankenstände. Sie sind bei psychiatrischen Erkrankungen charakteristischerweise überdurchschnittlich lang.

Der Bericht spricht auch Empfehlungen aus: So sollte es eine bessere epidemiologische Überwachung der Entwicklung der Häufigkeit, Status der Betroffenen etc. in Sachen psychische Erkrankungen geben. Therapien mit wissenschaftlich belegtem Nutzen seien zu fördern und ihre Verwendung auszudehnen. Schließlich sollte die Primärversorgung im Gesundheitswesen (niedergelassene Allgemeinmediziner etc.) mehr Anteil in Form einer umfassenden Patientenversorgung erhalten. (APA, 18.7.2014)